Der Bahnanbieter Abellio droht mit der Insolvenz: Warum das Vergabesystem hinterfragt werden muss.

Der niederländische Verkehrsminister Wopke Hoekstra hat an Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow geschrieben. Darin droht er mit einer Insolvenz der deutschen Tochter Abellio, falls das Land nicht mehr Zuschüsse überweist. Ein höchst seltsamer Vorgang.

Der Bahnnahverkehr funktioniert so: Die Aufgabenträger, zumeist die Bundesländer, schreiben europaweit den Betrieb ihrer regionalen Bahnlinien aus. Weil der Nahverkehr ein Zuschussgeschäft ist, bieten die sich bewerbenden Eisenbahnunternehmen an, für welchen Betrag sie die Leistungen erbringen wollen. Oft gewinnt jener, der den niedrigsten Zuschuss fordert. Abellio hat gleich in zwei Zugnetzen gewonnen, in denen auch Linien in Thüringen enthalten sind, unter anderem Hauptstrecken zwischen Saalfeld und Leipzig oder zwischen Eisenach und Halle.

Die Vereinbarungen gelten langfristig und berücksichtigen steigende Kosten durch jährliche Aufschläge. Abellio stach Mitbewerber durch niedrige Angebote aus. Nun verlangt das Unternehmen aber mehr Geld, u.a. wegen stark gestiegener Personalkosten und vieler Baustellen im Netz – als wäre das nicht vorhersehbar gewesen. Der Vorgang ist heikel und ein weiterer Schlag für unterlegene Bieter. Andererseits könnten andere nicht von einem Tag auf den anderen die Linien übernehmen.

Sollte es tatsächlich zur Nachvereinbarung kommen, müsste Abellio von künftigen Ausschreibungen ausgeschlossen oder zumindest mit einem Malus belegt werden.

Doch ist wettbewerbliche Vergabe der Stein des Weisen? Die Länder geben das Linienangebot nebst Einzelfahrten sehr detailliert vor, genauso die Daten der Fahrzeuge. Unterschiede ergeben sich häufig durch verschiedene Tarifverträge. Wenn die Lohnkosten letztlich das Hauptkriterium sind, um sich vom Wettbewerber abzuheben, sind diese Ausschreibungen überflüssig.

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