Berlin (ots) - Die Lizenzbestimmungen für Microsoft-Software beschränken den Wettbewerb - zum Schaden der Kunden und der Allgemeinheit

Wenn Marktbeherrscher wie Microsoft ihre Bündelungspraxis zwischen Software und Cloud weiter betreiben, führt dies zu Preiserhöhungen, weniger Wahlmöglichkeit, geringeren Innovationen und schlechterer Produktqualität. Das impliziert eine Studie von Ökonomen der Frankfurt School of Finance und der ESMT Berlin (https://cispe.cloud/research-study-microsofts-product-bundling-causes-economic-damage/) im Auftrag von CISPE, der Vereinigung europäischer Cloud-Infrastruktur-Betreiber.

Viele Unternehmen und Behörden haben sich in der Vergangenheit abhängig von Microsoft-Produkten gemacht. Windows und Office sind heute vorherrschende Software-Lösungen. Diese Marktmacht nutzt Microsoft aus, um sich auch im Cloud-Umfeld Vorteile zu verschaffen. Das Unternehmen versucht, Wettbewerber zu verdrängen und Kunden an die eigene Azure-Cloud zu binden. Diese Praxis ist seit langem Thema unter den Kunden.

Dass solche Produktbündelung zu Nachteilen für die Nutzer führt und daher ein Eingreifen von Wettbewerbsbehörden nötig wird, haben Wissenschaftler der Frankfurt School of Finance und die European School of Management and Technology (ESMT) Berlin in einer ökonomischen Studie untersucht.

Professor Dr. Markus Reisinger, Leiter des Economics Department, Frankfurt School of Finance, fasst das Ergebnis zusammen: "Sogenannte Produktbündelungen sind unbedenklich, wenn daraus ein Zugewinn an Wohlfahrt für den Konsumenten erzielt wird. Unsere ökonomische Studie legt dar, dass dies bei Microsoft nicht gegeben ist. Die relativ starke Ungleichbehandlung zwischen separatem Erwerb und Bündel-Erwerb der Produkte führt zu einer umfangreichen Diskriminierung. Daher ist die Reduktion der Konsumentenwohlfahrt erheblich und dem Vorgehen Einhalt zu gebieten."

Bündelung als Verdrängungsinstrument

Microsoft bündelt seine Software-Produkte mit Cloud-Dienstleistungen. Kunden, die bereits über Microsoft Software-Lizenzen verfügen, können diese Lizenzen ohne oder nur mit geringen Zusatzkosten in der Azure Cloud nutzen. Rechtlich müssen die Kunden ihre bisherige Software aber auch bei anderen Cloud-Anbietern nutzen können. Microsoft-Kunden, die ihre Office-Lösung in der Cloud eines der großen Wettbewerber wie AWS oder Google Cloud hosten wollen, müssen dafür aber hohe Gebühren zahlen. Kunden haben also nur eine erheblich teurere Alternative zum Microsoft Bundle. So entsteht ein Verdrängungseffekt.

Professor Dr. Stefan Wagner von der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin erklärt: "Dieser Effekt tritt selbst dann ein, wenn ein marktbeherrschender Hersteller in seinem Bündel ein qualitativ schlechteres Produkt anbietet als ein Wettbewerber, der ein konkurrierendes Produkt einzeln verkauft. Häufig entscheiden sich Kunden dann aus Kostengründen für das Bündel. Das führt zu Qualitätseinbußen, die sich auch auf die Endkonsumenten auswirken können. Geschäftskunden haben in diesem Fall geringere Innovationsmöglichkeiten und können weniger funktionale Endprodukte produzieren bzw. ihren eigenen Kunden eine geringere Produktvielfalt anbieten."

Innovationsbremse und Preisdiktat

Doch nicht nur die einzelnen Unternehmen, auch die Allgemeinheit wird durch diese Praxis geschädigt. Durch den unfairen Wettbewerb ist ein Innovationsrückgang auf dem Cloud-Markt zu erwarten. Denn für die benachteiligten Anbieter lohnt es sich nicht mehr, in neue Entwicklungen zu investieren. Da dann immer mehr Wettbewerber ganz vom Markt verschwinden, entsteht ein Teufelskreis. Der dominierende Anbieter kann immer stärker Preise und Bedingungen diktieren.

Als Microsoft 2019 überraschend seine Lizenzbestimmungen geändert hat, verloren einige Bestandslizenzen plötzlich ihre Gültigkeit in der Cloud. Betroffene mussten dann noch einmal zahlen, obwohl sie durch die Cloud-Migration eigentlich mit Einsparungen gerechnet hatten. Das kann erhebliche Folgeeffekte haben: Man denke an ein Unternehmen, das aufgrund der Mehrkosten die Modernisierung seines Rechenzentrums vertagen muss. Man denke an eine Kommune, wo der geplante Bau eines Kindergartens den erhöhten Lizenzkosten zum Opfer fällt oder an einen Mittelständler, der unter diesen Bedingungen nicht mehr in die Aufstockung des internen IT-Teams investieren kann. Ungeplante Mehrkosten können unter diesen Umständen zu Sparzwängen an anderer Stelle führen.

Anbietervielfalt in der Cloud

Cloud-Technologie ist für moderne IT-Umgebungen heute unverzichtbar. In Deutschland sind 8 von 10 Unternehmen bereits in der Cloud und haben damit ihre stationäre IT-Infrastruktur zu Cloud-Service Anbietern ausgelagert. Weitere 13 Prozent planen oder diskutieren dies gerade, so der aktuelle KPMG Cloud Monitor (https://kpmg.com/de/de/home/media/press-releases/2022/06/cloud-computing-bietet-mehr-als-nur-kosteneffizienz.html). Die Europäische Kommission geht davon aus, dass durch Cloud-Technologien bis 2020 600 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung geschaffen wurde. Die Wahl des Cloud-Anbieters und die Entwicklung auf dem Cloud-Markt haben folglich entscheidende Auswirkungen. Die Anbietervielfalt auf dem Cloud-Markt ist damit ausschlaggebender Faktor für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Der Verdrängungseffekt mit allen seinen Folgen setzt häufig schon innerhalb einer Produktgeneration ein. Denn der Wechsel des Cloud-Anbieters ist für Kunden in der Regel mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden. Die meisten bleiben daher bei dem Anbieter, für den sie sich anfangs entschieden haben. Microsoft treibt diese unwirtschaftlichen Zustände weiter voran.

Kartellbeschwerden bei der Europäischen Kommission gegen Microsoft

Diese Missstände greifen auch die derzeitig gegen Microsoft laufenden Kartellbeschwerden auf. Neben den Unternehmen Slack, OVHCloud/Aruba und NextCloud hat zuletzt auch der Branchenverband CISPE eine eigene Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht. Ziel dieser Beschwerde ist es, in einem branchenweiten Rahmen auf Microsofts unfaire Praktiken der Softwarelizenzierung aufmerksam zu machen. Die jüngsten Ankündigungen von Microsoft einschließlich dem Update der Lizenzbedingungen zum 1. Oktober 2022 lassen nicht erkennen, dass Microsoft eine Beendigung seiner wettbewerbswidrigen Praktiken beabsichtigt. CISPE strebt deswegen Abhilfemaßnahmen an, die Kunden und Anbietern auf einem dynamischen Cloud-Markt zugutekommen werden.

Die vollständige Studie auf Deutsch finden Sie hier: https://ots.de/dv2Eh5

Über CISPE

CISPE ist eine Vereinigung von Cloud-Infrastruktur-Anbietern in Europa und besteht aus 34 Mitgliedern mit globalen Hauptsitzen in 14 EU-Mitgliedstaaten. Das Bündnis hat den ersten DSGVO-Verhaltenskodex entwickelt, der eine ausschließlich in Europa stattfindende Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten fördert. Seit 2017 sitzt CISPE gemeinsam mit EuroCIO und CIGREF der Arbeitsgruppe zur Entwicklung von Verhaltenskodizes für die Industrie vor, die den Transfer von Daten erleichtern und ermöglichen soll. Diese wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen der EU-Verordnungen zum freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten gegründet. Außerdem gehört CISPE zu den 22 Gründungsmitgliedern der GAIA-X-Initiative und ist Initiator des Pakts klimaneutraler Rechenzentren.

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