Erfurt. Gründer und Traditionsunternehmen – die Thüringer Wirtschaft hat beides zu bieten. Doch profitieren beide Seiten voneinander? Politiker und Unternehmer diskutieren über die Zusammenarbeit mit Konzernen

Thüringen als ein guter Standort für Firmengründer, die Meinungen dazu sind geteilt. Betrachte man allein die Zahlen, liege der Freistaat im Bundesländervergleich eher im hinteren Feld, sagte der Präsident des Verbandes der Wirtschaft, Hartmut Koch. „Gründerhochburgen hingegen finden wir in Nordrhein-Westfalen mit 19 Prozent, in Berlin mit knapp 16 Prozent, gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern“, erklärte Koch.

Die gute Konjunktur und die niedrige Arbeitslosigkeit hätten den Trend zur Gründung zurückgehen lassen, räumte Wirtschaftsstaatssekretärin Valentina Kerst (SPD) ein. Andererseits sei Thüringen jedoch auch Spitzenreiter bei den Gründungen mit besonderer wirtschaftlicher Substanz und liege mit einem Anteil von fast dreißig Prozent knapp sieben Punkte über dem Bundesdurchschnitt.

Erfurt ticke nicht anders als Köln oder München. Vieles falle hier etwas kleiner aus, aber dafür seien die meisten Firmengründungen technologiegetrieben und darauf könne man aufbauen, zeigte sich Valentina Kerst überzeugt.

Gründer und Traditionsunternehmen – die Thüringer Wirtschaft hat beides zu bieten. Doch profitieren beide Seiten voneinander? Diese Frage stellten sich Politiker und Unternehmer beim diesjährigen Sommergespräch des Verbandes der Wirtschaft Thüringen.

„Start-up trifft Traditionsfirma. Was kann das bringen?“ unter diesem Motto hatte der Verband junge Gründer und Vertreter gestandener Unternehmer zur Debatte gebeten. In Deutschland habe es um die Jahrtausendwende bereits einen Trend gegeben, dass jeder große Konzern sich bei Start-up-Firmen engagiert habe, erinnerte der Vorstandschef der Thüringer Aufbaubank, Matthias Wierlacher, an diese Phase. Allerdings sei sie nur von kurzer Dauer gewesen, schnell hätten die Konzerne das Interesse an den kleinen Gründern wieder verloren. Er plädiere für die Schaffung dauerhafter Strukturen.

Genau dies habe Siemens in Berlin mit einem eigenen Campus geschaffen, versicherte der Sprecher der Erfurter Siemens-Niederlassung, Gerhard Köthe. Beim Kontakt zwischen den Konzern und den Gründern komme es letztlich darauf an, dass beide Seiten auch davon profitierten. „Wir müssen eine Win-win-Situation schaffen, es geht nicht darum eine gute Idee einfach abzuschöpfen“, erklärte Köthe.

Berührungsängste bei einigen Gründern räumte Startup-Unternehmer Benjamin Bestmann, Geschäftsführer von Strive Data Stuttgart, ein. „Ja, es gibt Vorbehalte bei Firmen, aber beim genaueren Hinschauen bringt die Zusammenarbeit viel Innovation ans Licht. Die Startups profitieren vor allem von Zugängen zu den Märkten“, so Bestmann.

Sein Unternehmen in Jena arbeite bei verschiedenen Projekten durchaus eng mit großen Firmen zusammen, bestätigte Hans Elstner, Geschäftsführer der rooom AG.

Es gehe nicht nur im die Finanzierung einer Idee, sondern auch um die gelungene Produkteinführung und eine Vertriebsunterstützung, sagte Eric Weber, Geschäftsführer von Spinlab Leipzig. Seine Firma unterstützt deshalb sechs Monate lang in speziellen Projekten.