Heubach/Steinach. Trotz traumhafter Wintersportbedingungen sind wegen des derzeitigen Corona-Lockdowns alle Lift-Anlagen in Thüringen geschlossen. Die Betreiber kritisieren die Politik und fordern Hilfe.

Ein halber Meter Schnee, Temperaturen unter null Grad, oft Sonnenschein – traumhafte Bedingungen für Wintersport. "Die sind so gut wie vielleicht in den letzten zehn Jahren nicht", sagt Denis Wagner und stapft etwas missmutig durch das Weiß in der Skiarea Heubach. Der 41-Jährige ist auf der Riesenfläche zwischen Tal und Gipfel einsam unterwegs, sein Skilift, den er seit 2000 als Chef betreibt, ist geschlossen. Vorerst bis zum 31. Januar – das gilt für alle 22 Anlagen in Thüringen. Alle aktuellen Entwicklungen im kostenlosen Corona-Liveblog

Wagner hat dafür angesichts der hohen Infektionszahlen durchaus Verständnis. Zugleich ist seine Hoffnung winzig, dass sich an der Schließung diese Saison noch et- was ändert. "Da gebe ich mich keinen Illusionen hin", sagt er.

Lift-Betreiber fordern Planungssicherheit

Sein Kollege Axel Müller von Thüringens größtem Skigebiet – der Skiarena Silbersattel in Steinach – ist nicht viel optimistischer. Acht Strecken mit 4,5 Pistenkilometern warten bei ihm auf Besucher. Auf der Internetseite steht, dass der Winterbetrieb frühestens ab 1. März wieder möglich ist. Auch er streicht damit schon mal den Februar, obwohl dieser theoretisch noch für eine Öffnung möglich wäre. "Aber nicht praktisch", so Müller, der sich für sein Team mit fünf Festangestellten vor allem Klarheit wünscht. "Wir brauchen Planungssicherheit, müssen ja beispielsweise wissen, ob angeschobene Investitionen überhaupt denkbar sind, wie es mit der Kurzarbeit weitergeht."

Probleme, die Denis Wagner ebenfalls beschäftigen. "Die Ungewissheit quält", sagt er und ergänzt: "Eventuell muss ich ja auch Kündigungen aussprechen." Denn finanziell sei die Situation ein Fiasko, "schließlich verdienen wir zwischen Dezember und März normalerweise unser Geld für das gesamte Jahr." Täglich würden sonst 400 bis 500 Leute kommen, darunter auch Schulklassen und Vereinssportler.

Aber nun laufen nur die Betriebskosten. "Es gibt null Einnahmen." Ein Totalausfall, "denn auch die Wertschöpfung durch Verleih oder Gastronomie fallen ja weg", bemerkt Müller, der in Steinach sonst noch deutlich mehr Lift-Nutzer als Wagner hat.

Kritik an Praxis bei Finanzhilfe – Durchschnittsberechnung wäre gerechter

Als "bitter" bezeichnen beide, dass die Finanzhilfe nicht wie angekündigt greift. "Das beginnt schon bei der Antragstellung – von der Auszahlung ganz zu schweigen", bemerkt Wagner. Als ehrenamtlicher Bürgermeister von Masserberg (Landkreis Hildburghausen) kennt er sich in der lokalen Politik aus. Von der Bundes- und Landespolitik fordert er wie Müller eine differenziertere Betrachtung der Lage. Die Lift-Betreiber würden in der Pandemie doch zu den großen Verlierern zählen. "Wir wollen als Unternehmer in dieser schwierigen Lage ja keine Gewinner sein, aber wir möchten gern überleben."

Axel Müller hat von der Novemberhilfe bisher lediglich einen Abschlag erhalten. Er wünscht sich bei dieser nicht nur den Blick auf den Umsatz von 2019. Denn der sei durch die Witterung schlecht gewesen. "Eine Durchschnittsberechnung der letzten fünf Jahre wäre gerechter."

Wagner sieht das ebenso. Er stapft zum kleinen Funktionshaus, in dem sonst Material ausgegeben wird, kurz schaut er prüfend zu Skiern, Schuhen und Helmen. Dann schließt er die Tür ab und weiß in diesem Moment nicht, ob sich diese in den nächsten Wochen für Gäste noch mal öffnet. An den Sommer will Wagner nicht denken, obwohl die Area dann vielleicht anders genutzt werden kann. Vielleicht wie in Steinach, wo sich in der schneelosen Zeit unter anderem Mountainbike-Fahrer tummeln. "Jetzt ist doch Winter – und was für einer", seufzt er und schaut noch mal zum weißen, aber verwaisten Hang.