Sie ist ein Umsatzschwergewicht und ein großer Arbeitgeber in Thüringen: die Autozulieferindustrie. Licht und Schatten liegen in der Branche derzeit dicht beieinander.

Erfurt. Etwa jeder zweite Automobilzulieferer in Thüringen hat in diesem Jahr Umsatzeinbußen von 15 bis 20 Prozent verkraften müssen. Das geht aus einer Konjunkturumfrage hervor, die die Branchenvereinigung „automotive thüringen“ am Freitag in Erfurt vorlegte. Etwa 40 Prozent der Firmen reagierten auf geringere Erlöse mit Stellenabbau – vielfach hätten die Betroffenen aber bei anderen Unternehmen gute Jobchancen, sagte der Geschäftsführer der Branchenvereinigung, Rico Chmelik.

Grund für den Umsatzeinbruch sei weniger der Strukturwandel hin zur Elektromobilität als die konjunkturelle Eintrübung mit weniger Verkäufen und die Unsicherheit in der Branche. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nannte Umsatzeinbußen und Stellenabbau ein „deutliches Alarmzeichen“. Als positive Überraschung der Umfrage wertete Chmelik, dass etwa 70 Prozent der Firmen von ersten Aufträgen für die Produktion von Elektrofahrzeugen berichteten. Nur 13 Prozent der Befragten sehen danach die Trendwende zur E-Mobilität als ihre größte Herausforderung an. Das überrasche, weil viele Firmen für Antriebe und Fahrwerke Teile und Komponenten lieferten.

Branche für die Zukunft verhalten optimistisch

Für die Zukunft seien die Branche, die rund 55.000 Mitarbeiter beschäftige, verhalten optimistisch. 50 Prozent der Befragten rechneten mit einer stabilen Entwicklung, 35 Prozent mit Wachstum und nur zehn Prozent mit einem Rückgang. Entsprechend hoch sei mit 70 Prozent der Anteil der Firmen, die an ihrem Thüringer Standort weitere Investitionen planten. „Das ist allerdings nur ein Stimmungsbild“, sagte Chmelik. Die Lage in der Branche, die für einen Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro stehe, sei sehr differenziert.

Probleme gebe es vor allem in der Region Eisenach mit Insolvenzen oder Betriebsstilllegungen unter anderem im Bereich Antriebstechnik. In der vergangenen Zeit hatten mit der Mitec AG und JD Norman Germany zwei größere Unternehmen in der Region Insolvenz angemeldet. Hinzu kämen zwei angekündigte Standortschließungen. Bei Firmen, die beispielsweise auf Autoelektronik oder Interieur spezialisiert seien, liefen die Geschäfte dagegen gut. Erst kürzlich habe eine Firma ihren Hauptsitz von Heidelberg nach Arnstadt verlegt. Und der chinesische CATL-Konzern habe mit dem Bau einer großen Batteriefabrik am „Erfurter Kreuz“ begonnen.

Tiefensee: Mehrere Tausend Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel

Tiefensee rechnet mit einem heftigen Strukturwandel, der der Automobilindustrie bevorsteht. „Wir müssen davon ausgehen, dass in den kommenden Monaten auch in Thüringen mehrere Tausend Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.“ Nach einer vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie umfasst der Produktionsbereich Antriebe und Fahrwerk in Thüringen rund 19.000 Arbeitsplätze. 2000 bis 3000 von ihnen seien mit dem Trend zur Elektromobilität bis zum Jahr 2030 als gefährdet einzuschätzen.