Wenn Musiker mit dem eigenen Werk nicht zufrieden sind. Christian Werner über das Album „Carnival“ von New Model Army.

Kunstwerke sind immer Ausdruck des Zeitgeistes ihrer Entstehung. Das trifft auf Musik und den jeweiligen Stand der Aufnahmetechnik im Besonderen zu. Schwer vorstellbar, dass Bruce Springsteens „Born to run“ so in einem anderen Jahrzehnt als den Siebzigern entstanden wäre oder Talk Talks „It’s my Life““ nicht in den Achtzigern. Man spricht rückblickend von „schlecht gealtert“ oder einem „Kind seiner Zeit“.

Dass dieses Phänomen abnimmt durch die weiter voranschreitende Digitalisierung und immer besser verfügbarer Produktionsmöglichkeiten ist ein anderes Thema. Aber Musiker neigen in diesen Zeiten dazu, das eigentlich unveränderbare zu korrigieren. Ein aktuelles Beispiel ist die Wiederveröffentlichung von New Model Armys „Carnival“ aus dem Jahr 2005. Das Album liegt 15 Jahre später als Redux-Version vor, neu abgemischt mit zusätzlichen Songs und erweitertem Artwork.

Mit dem ersten Ergebnis nicht zufrieden

Die Band war mit dem ersten Ergebnis nicht zufrieden, was auch an der Aufmerksamkeit und den Verkaufszahlen liegen dürfte. „Carnival“ gilt als durchschnittliches Album, das nicht weiter auffiel. Solide könnte man auch sagen. In den Ohren der Künstler wirkt das selten zufriedenstellend.

Mitte der Nullerjahre war das Bandgefüge nicht das Beste: Der bereits Ende der Neunzigerjahre ausgestiegene langjährige Schlagzeuger Robert Heaton starb 2004, Frontmann Justin Sullivan hatte sich eine Auszeit von der Band genommen, nahm ein Solo-Album auf und tourte durch die Hallen.

Das Cover des Albums „Carnival (Redux)“ von New Model Army.
Das Cover des Albums „Carnival (Redux)“ von New Model Army. © Earmusic/Tina Korhonen

Das Vorgängeralbum war nach Aussage Sullivans „nicht viel mehr als eine Zusammenstellung von Demos“. „Carnival“ sollte anders werden: Es vernachlässigte die Folkeinflüsse und legte den Fokus auf Gitarrenarbeit und Schlagzeug. Aber, gibt Sullivan dieser Tage zu Protokoll, die Produktion sei den Songs nie gerecht geworden.

Die neue Variante des Albums macht indes nichts schlimmer, sondern vieles besser. Was nicht selbstverständlich ist. Der trockene Mix der Originalversion ist einem atmosphärischen Klang gewichen. Vier Songs mehr zählt die Platte, zwei B-Seiten und zwei unveröffentlichte Stücke wurden nicht als Bonustracks angefügt, sondern in die Playlist integriert. Das einst als Instrumental geplante „Caslen (Christmas)“ hat sogar eine Gesangsspur bekommen.

New Model Army hat sich seit Gründung der Band vor 40 Jahren musikalisch und inhaltlich mehrfach gewandelt. Zum Punk kamen Rock, Folk, aber auch Metal-Elemente. Zum Ruf der politischen Band der Einsatz als Umweltaktivisten. Das aktuelle Reissue passt in diese Entwicklung. Die Anpassungen sind mehr als nur solide.

Reinhören!

Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne. Die Titel werden mit jeder neuen Folge unserer Kolumne erweitert. Und hier erfahren Sie, warum die Songs ausgewählt wurden.

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