Erfurt. Thüringer Kliniken verspüren durch zwei Urteile des Bundesgerichtshofs mehr Rechtssicherheit - und sehen sich an das Verbot der aktiven Sterbehilfe gebunden.

Thüringer Ärzte sehen sich trotz aktueller Rechtsprechung weiter an das Verbot der aktiven Sterbehilfe gebunden. Darin sind sich die Landesärztekammer, aber auch das Universitätsklinikum Jena sowie das Helios- Klinikum Erfurt mit dem Thüringer Gesundheitsministerium einig. Das 2015 vom Bundestag beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gelte trotz zweier Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH) von Anfang Juli weiter.

Zugleich sehen die beiden Kliniken in der gerichtlichen Entscheidung eine Verbesserung der Position der Ärzte, weil sie ihnen mehr Rechtssicherheit gibt. Der BGH hatte einen Arzt, vom Vorwurf der „Tötung auf Verlangen“ und der „unterlassenen Hilfeleistung“ freigesprochen. Dieser verzichtete darauf, einen unheilbar erkrankten Patienten, nach der Einnahme eines tödlich wirkenden Mittels, aus seiner Bewusstlosigkeit wiederzubeleben. Der Patient soll das Mittel selber bei klarem Verstand eingenommen haben.

Die Thüringer Landesärztekammer stellt gegenüber dieser Zeitung klar, dass Aufgabe der Ärzte sei, das „Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern und Sterbenden Beistand zu leisten“. Verboten ist, „Patienten auf deren Verlangen zu töten“, erklärt Sprecherin Ulrike Schramm-Häder. Das Urteil dürfe keine Erwartungen auf einen „regelhaften Anspruch auf ärztliche Assistenz beim Suizid“ wecken. Allerdings haben Ärzte Sterbenden, auch „unter Wahrung ihrer Würde und Achtung ihres Willens, beizustehen“. Daran entzündet sich für viele der Gewissenskonflikt.

Die Ärzte-Zeitung veröffentlicht nach der BGH-Entscheidung eine Umfrage, wonach sich 67 Prozent der Befragten für ein Legalisieren der aktiven Sterbehilfe aussprechen. In Ostdeutschland sind es sogar 72 Prozent Befürworter.

Palliativstationen in Jena und Erfurt

Allerdings muss der Bundesgerichtshof erst noch in einem weiteren Urteil über Klagen gegen den Beschluss des Bundestags von 2015 entscheiden, der die geschäftsmäßige Sterbehilfe verbietet.

Thüringer Kliniken haben sich seit Jahren intensiv auf die Behandlung, aber auch auf die Begleitung Sterbender eingestellt. Das zeigen die zwei Beispiele aus Jena und Erfurt. Beide Krankenhäuser betreiben Palliativstationen, in denen Patienten mit unheilbaren Krankheiten behandelt, aber zum Beispiel auch deren Angehörige mit betreut werden.

Bereits bei der Aufnahme von Patienten werde intensiv über ihre Patientenverfügung gesprochen, um festzulegen, welche Behandlungen erfolgen dürfen und auf welche verzichtet werden soll, erklärt Professor Winfried Meißner von der Abteilung für Palliativmedizin am Uniklinikum Jena. Sollte ein Patient in weit fortgeschrittener Phase einer unheilbaren Krankheit bei vollem Bewusstsein seinen Sterbewunsch äußern, so werde das von allen Behandelnden verantwortungsbewusst wahrgenommen, teilt das Helios-Klinikum mit. In beiden Kliniken wird dann intensiv mit dem Patienten über seine Wunsch zu sterben gesprochen. Einen ärztlich assistierten Suizid lehnen beide Krankenhäuser ab.

Palliativmedizin in Thüringer Kliniken

Mit Blick auf die älter werdende Bevölkerung richten viele Thüringer Kliniken palliativmedizinische Stationen ein. Betreut werden Patienten dort bis zur Entlassung in ein Hospiz oder auch bis zum Lebensende. 2010 waren dafür zwölf Krankenhäuser mit 129 Betten in der Krankenhausplanung ausgewiesen. Mit dem seit 2017 gültigen 7. Krankenhausplan steigt die Versorgung auf rund 230 Betten in 23 Krankenhäusern. Das sind mehr als 50 Prozent aller Kliniken - damit liegt Thüringen deutschlandweit mit an der Spitze.

Im Bundesdurchschnitt haben nur etwa 15 Prozent aller Krankenhäuser eine Palliativstation.

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