Erfurt. Die Apothekerkammer hat geschockt auf den Vorschlag der Bundesärztekammer reagiert, unverbrauchte Medikamente aus privaten Beständen über Flohmärkte zu verkaufen.

Was tun gegen den Medikamentenmangel? Der Chef der Bundesärztekammer Klaus Reinhard hatte am Wochenende in einem Zeitungsinterview vorgeschlagen, unverbrauchte Medikamente aus privaten Beständen über Flohmärkte zu verkaufen. Allerdings stößt das bei der Apothekerkammer (BAK) auf komplette Ablehnung. Arzneimittel gehörten in Apotheken, nicht auf Flohmärkte, erst recht nicht, wenn diese abgelaufen seien, sagte BAK-Präsident Thomas Benkert am Montag. "Es schockiert mich, dass der Präsident der Bundesärztekammer derartiges öffentlich vorschlägt. Verfallene Arzneimittel können die Gesundheit der Patientinnen und Patienten massiv gefährden, ganz abgesehen von haftungsrechtlichen Fragen. Zudem steht die Gesetzeslage dem klar entgegen und die aktuelle Situation eignet sich nicht für Populismus", so Benkert.

Reinhard hatte im Interview mit dem "Tagesspiegel" Solidarität der Gesunden mit Kranken angemahnt. "Jetzt hilft nur Solidarität. Wer gesund ist, muss vorrätige Arznei an Kranke abgeben. Wir brauchen so was wie Flohmärkte für Medikamente in der Nachbarschaft“, sagte der BÄK-Chef der Zeitung. Zugleich wies er darauf hin, dass dafür auch Arzneimittel infrage kommen könnten, deren Haltbarkeitsdatum bereits einige Monate abgelaufen sei. In der Not könne man zahlreiche Medikamente immer noch gefahrlos verwenden.

Hintergrund des Streits sind Engpässe bei zahlreichen Arzneimitteln, darunter Fiebersäfte für Kinder, Antibiotika oder Herz-Kreislauf-Medikamente. "Derzeit gibt es schlicht zu wenig Fiebersäfte. Der Vorschlag von Herrn Reinhardt geht völlig an der Realität vorbei. Die Apotheken stehen aktuell unter enormem Druck, das Fehlen von lebenswichtigen Arzneimitteln zu managen. Es wäre wünschenswert, wenn sich auch Repräsentanten der Ärzteschaft verantwortungsvoll an Lösungsansätzen beteiligen würden“, so der BAK-Chef. Die Engpassliste des Bundesgesundheitsministeriums wies am Montag 333 Lieferengpässe bei Arzneimitteln aus, damit stieg die Zahl binnen einer Woche um mehr als 20 Positionen.