Erfurt. Bundesländer und Krankenhäuser nutzen den Zentrum-Begriff bisher inflationär und beliebig. Dem schiebt der Gesetzgeber nun einen Riegel vor.

Krebszentrum, Herzzentrum, Gelenkzentrum – von derartigen Kliniken erwartet man ein besonders gut koordiniertes und breites Behandlungsspektrum. Doch nicht überall, wo Zentrum draufsteht, ist echte Spitzenmedizin drin. „Der Zentrumsbegriff wird bisher von Bundesländern wie Krankenhäusern inflationär und versorgungspolitisch beliebig benutzt“, sagt Josef Hecken, Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).

Dem schiebt der G-BA als oberstes Entscheidungsgremium der ärztlichen Selbstverwaltung nun einen Riegel vor. In dieser Woche wurden Voraussetzungen dafür beschlossen, dass Krankenhäuser als Zentrum tätig werden dürfen. Stimmt das Bundesgesundheitsministerium zu, treten die Regelungen am 1. Januar 2020 in Kraft.

Fachbereiche müssen besonders spezialisiert sein

Zentren sind demnach Krankenhäuser der Spitzenmedizin, die Aufgaben für andere Krankenhäuser übernehmen, Behandlungsempfehlungen erarbeiten oder interdisziplinäre Fallkonferenzen für Krebspatienten anderer Kliniken durchführen. Dafür müssen die Fachbereich besonders spezialisiert sein und sich aufgrund medizinischer Kompetenz und Ausstattung von anderen Krankenhäusern ohne Zentrumsfunktion unterscheiden. Darüber zu entscheiden haben die für die Krankenhausplanung zuständigen Bundesländer. Sie waren ebenso in die GBA-Entscheidung einbezogen wie die Patientenvertretungen. „Mit den Zentrums-Regelungen liegen nun endlich die dringend benötigten bundeseinheitlichen Kriterien vor, auf deren Basis die Bundesländer die Zentren der Spitzenmedizin ausweisen können“, so GBA-Chef Hecken.

2020 sollen weitere versorgungsrelevante Bereiche hinzukommen

Vorerst gelten die Festlegungen für Zentren der Bereiche seltene Erkrankungen, Onkologie, Trauma. Rheumatologie und Herz. 2020 sollen weitere versorgungsrelevante Bereiche hinzukommen, für die schon jetzt Übergangsregeln beschlossen wurden. Diese gelten für Schlaganfallzentren, Lungenzentren, nephrologische und kinderonkologische Zentren.

Bei der Barmer in Thüringen begrüßt man die Konkretisierung etwa zu Art und Anzahl von Fachabteilungen, Mindestfallzahlen sowie zur Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen. „Ein Zentrum muss ein Leuchtturm sein für die gesamte Region, mit Top-Ärzten, Top-Pflegekräften, Top-Ausstattung und vielen Patienten. Schon heute können sich Krankenhäuser zwar von Fachgesellschaften zertifizieren lassen, doch bisher ohne Steuerung durch das Land. Die Neuregelungen sind konsequent und sollten vom Land Thüringen beim Ausweisen von Zentren unbedingt berücksichtigt werden“, sagt Barmer-Chefin Birgit Dziuk. Thüringen brauche nicht viele Zentren, sondern wenige, die dafür richtig gut sind und genügend Personal einsetzen können.

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