Erfurt. Warnung vor Armutsrisiko für Pflegebedürftige in der stationären und häuslichen Pflege.

Die Selbstbeteiligung, die Pflegebedürftige in Pflegeheimen für pflegebedingte Aufwendungen, Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten aus eigener Tasche zahlen müssen, sind im vergangenen Jahr erneut deutlich gestiegen.

Darauf verweist der Verband der Ersatzkassen (vdek) in Thüringen. Zum Jahresbeginn zahlen Pflegebedürftige, die bis zu zwölf Monate im Pflegeheim versorgt wurden, durchschnittlich 2.029 Euro im Monat, 257 Euro mehr als im Vorjahr. Bei einer Aufenthaltsdauer ab 12 Monaten müssen Pflegebedürftige durchschnittlich 1.846 Euro im Monat (plus 212 Euro) aufbringen.

Wer mehr als zwei Jahre im Pflegeheim verbrachte, muss 1.663 Euro monatlich (plus 167 Euro) zuzahlen und Pflegebedürftige mit einer Aufenthaltsdauer über drei Jahre zahlen 1.434 Euro im Monat (plus 111 Euro). Der Hauptanstieg mit einem Plus von 33 Prozent sei bei den pflegerischen Kosten, dem sogenannten Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil: EEE, festzustellen. Aber auch für Unterkunft und Verpflegung werden rund drei Prozent mehr als im Vorjahr berechnet, was mit den deutlich gestiegenen Lebensmittelkosten zu begründen ist.

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Armutsrisiko steigt

„Die steigenden Kosten verschärfen das Armutsrisiko für pflegebedürftige Menschen immer weiter, was durch die soziale Pflegeversicherung verhindert werden sollte. Oft wissen die Pflegebedürftigen und deren Angehörige nicht, wie sie die Kosten tragen sollen“, sagte der Thüringer vdek-Chef Arnim Findeklee. Steigende Löhne und die Einführung eines bundesweit einheitlichen Personalbemessungsinstruments ab 1.7.2023 bringen weitere finanzielle Belastungen mit sich, die die Beitragszahler nicht alleine stemmen können.

Ausgebrannt und armutsgefährdet: Sozialverband schlägt wegen Situation pflegender Angehöriger Alarm

Höhere Kosten belasten auch die häusliche Pflege. Pflegende Angehörige hätten 2022 vergeblich auf die versprochene Erhöhung des Pflegegeldes gewartet, sagte Edeltraut Hütte-Schmitz vom Bundesvorstand des Verbandes "wir pflegen e.V“. Über 80 Prozent der Pflegebedürftigen würden zu Hause versorgt. "Viele pflegende Angehörige leiden unter prekären Verhältnissen und werden von Staat und Kommunen im Stich gelassen“, so Hütte-Schmitz, die selbst viele Jahre lang parallel zur Berufstätigkeit ihren Mann pflegte.

Der häuslichen Pflege drohe ein Flächenbrand, denn eine aktuelle Prognose des Statistischen Bundesamts bestätige, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten Jahren weit höher ausfallen wird als bisher angenommen. "Um einen dramatischen Pflegenotstand zu verhindern, sind strukturelle Refomen und eine bessere Unterstützung pflegender Angehöriger in der häuslichen Pflege unabdingbar", sagte die Verbandschefin.

Der Anteil an Menschen in der erwerbsfähigen Bevölkerung, die Unterstützung und Pflege leisten, ist zwischen 2017 und Sommer 2020 von 18 Prozent auf 22 Prozent, nach drei Jahren Pandemie beträgt er noch immer rund 20 Prozent Der überwiegende Teil häuslicher Pflege wird in der erwerbsfähigen Bevölkerung insbesondere von (erwerbstätigen) Frauen geschultert.