Bad Berka. Millionen Menschen leiden an Herz- und Kreislauferkrankungen. Warum ihre Behandlungschancen besser denn je sind, zeigte ein Kongress mit 300 Experten am Wochenende in Bad Berka.

Patienten mit Herzerkrankungen haben bessere Behandlungsaussichten als je zuvor. Das sagte Harald Lapp, Chefarzt für Kardiologie und internistische Intensivmedizin an der Zentralklinik in Bad Berka, am Wochenende am Rande des Kardiologie-Symposiums der Klinik.

„Sterblichkeit und Krankheitsbelastung haben in der Herz-Kreislauf-Medizin der letzten Jahre deutlich abgenommen, und dass, obwohl die Bevölkerung älter geworden ist. Das ist die Folge nicht nur eines Mixes aus innovativer medizinischer Technik und Qualifikation einzelner Mitarbeiter. Medikamente sind viel besser als früher, auch wirksame Prävention zahlt sich aus“, sagte Lapp.

Herzmediziner leben interdisziplinäre Zusammenarbeit

Lapp ist einer der Leiter des Bad Berkaer Herzzentrums und mit seinen Chefarzt-Kollegen Thomas Kuntze von der Herzchirurgie und Christoph Geller, Rhythmologie und invasive Elektrophysiologie, Organisator des alle zwei Jahre stattfinden Expertentreffens. Zwei Tage lang sprachen 300 Kardiologen, Chirurgen und Pflegevertreter in Vorträgen und Workshops über aktuelle Entwicklungen bei der Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen.

Das Spektrum reichte von der Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Minimalinvasive Eingriffe etwa an Herzklappen oder die Bypass-Chirurgie entwickelten sich ständig weiter. Laut Lapp gehe vom Kongress wie auch vom gastgebenden Herzzentrum in Bad Berka die Botschaft aus, dass nicht nur der Austausch der verschiedenen kardiologischen Fachdisziplinen untereinander, sondern auch zwischen Ärzten und Pflegekräften die Herzmedizin und damit auch die Behandlungsqualität für Patienten entscheidend voranbringe. „Herzzentrum steht bei und nicht nur auf dem Türschild. Man konnte beim Kongress sehen und erleben, dass wir die Zusammenarbeit auch wirklich gemeinsam leben“, sagte der Bad Berkaer Kardiologe.

Maschinen können ein EKG besser deuten als Ärzte

In einem eigenen Tagungsabschnitt ging es zudem um Chancen, die sich aus der Digitalisierung und der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) ergeben. „Neue Technologien werden das Leben von Ärzten und Patienten grundlegend verändern. Visionen werden zur Realität“, sagte Gerhard Hindricks, Herzspezialist am Helios-Klinikum in Leipzig.

Am Beispiel des Programmes „Chat GPT“, dass auch Fachfragen KI-gestützt beantworten kann, demonstrierte Hendricks neue Unterstützungs- und Hilfsmöglichkeiten. „Bei der Erfassung und Analyse komplexer Abläufe sind uns Maschinen schon heute überlegen. Sie können ein EKG viel besser lesen und deuten. Entscheidend wird sein, was der Kardiologe aus den Informationen macht und wie er Maschinenwissen in empathische patientenbezogene Medizin umsetzt“, sagte Hindricks.

Mit künstlicher Intelligenz Krankheiten sehen, riechen oder hören

Schon heute könne mittels KI anhand feinster Veränderungen in Gesichtern, Sprache oder Körpergerüchen Krankheiten frühzeitig erkennen. Hinzu kämen mehr Möglichkeiten der Selbstdiagnose durch Patienten etwa in Form immer komplexerer und vielseitiger Fitnessuhren und Handyapps. „Das können und müssen wir wahrnehmen und nutzen und dabei mit darauf achten, dass Gesundheitsdaten nicht von nichtmedizinischer Seite missbraucht werden“, so Hindricks.

Der Hamburger Kardiologe Erik Rafflenbeul, der zu Kommunikationsmöglichkeiten über soziale Netzwerke und Apps referierte, forderte digitale Schutzräume, in denen Gesundheitsdaten sicher vor unberechtigten Zugriffen ausgetauscht und diskutiert werden könnten. Für Ärzte stehe das Chatprogramm Siilo bereit. Letztlich könnten so auch kleinere Kliniken mit weniger Spezialisten in entsprechenden Fachgruppenchats von der Expertise größerer Zentren profitieren.

Gesundheitsdaten vor nichtmedizinischem Missbrauch schützen

Chefarzt Lapp sieht in den neuen Techniken auch eine Chance, wieder mehr Freiräume für die unmittelbare Arbeit am Patienten zurückzugewinnen. Derzeit werde viel Zeit für nichtmedizinische Tätigkeiten wie die Dokumentationen aufgewendet. „Es macht keinen Sinn, sich Fortschritten ängstlich zu verwehren. Wir sollten die Prozesse in unsere Hände nehmen und selbst gestalten, statt sie irgendwelchen Anbietern aus der IT Szene zu überlassen. So bekommen Pflegekräfte und Ärzte, auch wieder mehr Freiheiten für die menschliche Zuwendung, die Patienten brauchen, davon bin ich überzeugt“, sagte der Bad Berkaer Mediziner. Am Ende werde es immer das medizinische Personal sein, dass interdisziplinär die richtigen Entscheidungen treffen muss.