Erfurt. Es gibt kaum eine Apotheke im Freistaat, die derzeit alle theoretisch verfügbaren Medikamente auch tatsächlich liefern kann. Das Problem trifft Menschen in ländlichen Regionen besonders hart.

In vielen Thüringer Apotheken sind aktuell noch immer viele Medikamente vergriffen. Es sei keine Seltenheit, dass aktuell pro Apotheke 200 bis 300 Medikamente nicht verfügbar seien, sagte der Geschäftsführer des Thüringer Apothekerverbandes, Alexander Schneeberg, der Deutschen Presse-Agentur. Unter den fehlenden Arzneimitteln seien sowohl Präparate für Kinder als auch für Erwachsene. Zwar habe sich die Lage zuletzt unter anderem durch Absprachen zwischen Vertretern der Krankenkassen, der Ärzte und auch des Landesgesundheitsministeriums etwas entspannt. Dennoch seien die bestehenden Engpässe weiterhin besorgniserregend.

Grundsätzlich verbessern lässt sich diese Lage auch nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums nur auf nationaler und internationaler Ebene. "Die Liefer- und Versorgungsengpässe sind ein überregionales und teilweise sogar über Deutschland hinausgehendes Problem", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Für die Zukunft sei es unter anderem wichtig, Medikamente wieder vermehrt in der Europäischen Union herzustellen.

Knappheit unter anderem bei diversen Antibiotika

Zu den Medikamenten, die in Thüringen derzeit besonders knapp sind, gehören nach Angaben des Apothekerverbandes neben diversen Antibiotika auch Präparate zur Behandlung von Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen. Auch Mittel zur örtlichen Betäubung, Hustenlöser und -blocker sowie Schmerz- und Fiebersäfte für Kinder sind vielerorts nicht mehr zu bekommen.

Dabei sei die Lage für Menschen auf dem Land häufig noch schwieriger als für Menschen, die in den Städten des Freistaats leben, sagte Schneeberg. "Die Verfügbarkeit von Medikamenten kann von Apotheke zu Apotheke sehr unterschiedlich sein, da diese sich unterschiedlich bevorraten können." Grundsätzlich sei es dabei egal, ob eine Apotheke sich auf dem Land oder in der Stadt befinde. Allerdings gebe es in den ländlichen Regionen meistens weniger Apotheken als in den Städten. "Somit hat der Patient auf dem Land oft nicht die Möglichkeit, bei Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels mal eben in die nächste Apotheke zu gehen", sagte Schneeberg.

Ob in Thüringen schon Menschen in lebensbedrohliche Situationen gekommen oder sogar gestorben sind, weil für sie dringend benötigte Medikamente nicht verfügbar waren, ist nach Angaben der Sprecherin des Ministeriums unklar. "Über konkret lebensbedrohliche Folgen oder Todesfälle durch Liefer- und Versorgungsengpässe liegen hier keine Erkenntnisse vor."

Ursache für Versorgungslücken vielfältig

Die Ursachen für die derzeitige Versorgungslücke bei Arzneimitteln sind nach Einschätzungen des Apothekerverbandes und des Gesundheitsministeriums vielfältig. So könnten beispielsweise bestimmte Rohstoffe nur verzögert geliefert werden. Außerdem habe es in den vergangenen Wochen so viele Infektionskrankheiten insbesondere der Atemwege gegeben, dass die Nachfrage nach etlichen Medikamenten sprunghaft angestiegen war.

Diese Nachfrage habe sich im Vergleich zu den Vorjahren "vervielfacht", sagte die Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Schneeberg sagte, eine konkrete Folge davon sei beispielsweise, dass derzeit sowohl pflanzliche als auch chemische Hustenmittel kaum noch zu bekommen seien.