Erfurt. Ob Freiwillige Feuerwehr, Denkmalschutz, Kirmesgesellschaft oder Sportverein – ohne die vielen Ehrenamtlichen geht in Thüringen nichts. Zunehmend entdecken auch junge Leute wieder das Ehrenamt, sagen Fachleute.

In Thüringen gibt es gemessen an der Einwohnerzahl mehr gemeinnützige Vereine als in den meisten anderen Bundesländern. Derzeit seien es rund 19.100 im Freistaat, teilte die Ehrenamtsstiftung am Donnerstag auf ihrem Engagement- und Stiftungstag in Erfurt mit. Bundesweit liege Thüringen damit auf dem zweiten Platz hinter Schleswig-Holstein.

Einen Grund dafür sieht die Vize-Vorsitzende der Ehrenamtsstiftung, Barbara Rinke, darin, dass viele Ortschaften noch eigene Vereine hätten. „Auf dem Land ist der Gemeinschaftssinn oft stärker als in den Städten.“ Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, sorgten für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

850.000 Thüringer ehrenamtlich engagiert

Insgesamt arbeiten nach Angaben der Stiftung 850.000 Thüringer ehrenamtlich – damit engagiert sich mehr als jeder Dritte im Freistaat in seiner Freizeit für andere und die Gesellschaft. Dazu gehören auch die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren ebenso wie die von Karnevals- und Kirmesgesellschaften, ehrenamtliche Tier-, Umwelt- oder Denkmalschützer oder Mitglieder von seit 2015 gegründeten Vereinen, die die Integration von Flüchtlingen unterstützen. Sehr aktiv in den kleinen Ortschaften seien auch die Landfrauen, sagte Rinke. Sie war mehrere Jahre Oberbürgermeisterin von Nordhausen.

Zunehmend würden auch junge Leute das Ehrenamt wieder entdecken. „Junge Leute sind aktiver als in der Vergangenheit und oft sozial engagiert, beispielsweise in der Arbeit mit Behinderten. Da gibt es einige gute Projekte.“ Sie seien neben Älteren eine wichtige Stütze, um das Vereinsleben lebendig zu halten. „Manche Vereine machen sich Sorgen, wer die Arbeit in Zukunft weiterführen soll.“ Schwieriger sei das für Menschen im mittleren Alter, die neben der Berufstätigkeit auch Kinder oder Angehörige zu betreuen hätten.

Rinke warb dafür, dass sich auch Unternehmen stärker für die Gesellschaft, etwa durch Sportförderung in ihren Regionen einbringen sollten. Dafür gebe es vielerorts bereits Beispiele – unter anderem eine Kunststofffirma im südthüringischen Eisfeld. Gerade der Kontakt zwischen Unternehmen und Jugendlichen über die Sportförderung würde sich auf beide Seiten positiv auswirken.

Die zunehmende Digitalisierung böte den Ehrenamtlichen zudem die Möglichkeit, sich stärker zu vernetzen und auszutauschen. Dazu dienten vor allem die sozialen Netzwerke. Das könnte aber direkte Kontakte wie bei dem Ehrenamtstag in Erfurt nicht ersetzen, sagte Rinke.

Bürokratische Hemmnisse für Ehrenamtsarbeit abbauen

Die 2002 gegründete Ehrenamtsstiftung, die vom Land gefördert wird, gibt nach eigenen Angaben Informationen und Beratungen unter anderem bei der Vereinsgründung oder der Installation von Bürgerstiftungen mit einem gemeinnützigen Zweck wie dem Erhalt von Baudenkmalen oder der Organisation kultureller Angebote. Derzeit gebe es in Thüringen 335 Stiftungen.

Thüringens FDP-Generalsekretär Robert-Martin Montag verlangte von der Landesregierung, bürokratische Hemmnisse für die Ehrenamtsarbeit wie überbordende Nachweispflichten oder komplexe Antragsverfahren abzubauen. Ziel sollte eine ehrenamtsfreundliche Verwaltung sein.