Martin Kappel über die Notwendigkeit einer offenen Diskussion um die richtigen Mittel im Kampf gegen Corona.

Deutschland befindet sich noch immer im Ausnahmezustand. Zwar sprechen die Statistiken im Falle der Covid-19-Erkrankungen seit Tagen eine vorsichtig positive – weil in der Zunahme rückläufig – Sprache, doch könne quantitativ noch nicht von einer Entwarnung gesprochen werden. Das bevorstehende Osterfest kann nach dem Kalkül der Regierung daher wohl nur in der Kernfamilie gefeiert werden. Freilich, große Familienzusammenkünfte, gerade solche von nah und fern, führen zu einer schnelleren Verbreitung des Coronavirus. Unter dem Standpunkt der Pandemie-Lösungsstrategie „Flatten the curve“ mag dieses Handeln daher durchaus zielführend sein. Man muss kein Verfechter von „Stop the curve“ sein – der Strategie der konsequenten Eindämmung, die ohne Herdenimmunität auskommt –, um ungelöste Probleme an der wohl langatmigen Lösung zu sehen.

Denn einerseits muss die Kurve so flach sein, damit die Intensivbetten zu jeder Zeit ausreichen, dass diese Pandemie – ohne neue Medikament oder Impfung – stark in die Länge gezogen werden muss. Mancher Experte spricht hier von vielen Monaten oder vielleicht sogar zwei Jahren, die wir dann auch mit Einschränkungen leben müssen.

Solch Kaugummi-Strategie könnte jedoch nicht nur die Wirtschaft und die Gesellschaft, sondern auch jedes Individuum hart prüfen: Wer wird den Alten, den Kranken, den Einsamen, den vom Schicksal zusammen- oder voneinander weggesperrten so lange Trost spenden?