Erfurt. Im Prozess um einen brutalen Angriff vor der Erfurter Staatskanzlei haben mehrere Angeklagte am Landgericht Erfurt ihre Beteiligung eingeräumt.

Zu Beginn des Prozesses nach einem Angriff auf eine Gruppe Jugendlicher vor der Erfurter Staatskanzlei haben mehrere Angeklagte eingeräumt, an dem Überfall auf eine Gruppe junger Menschen beteiligt gewesen zu sein. Er habe dabei einen Mann geschlagen, der ihm dazu keinen Anlass gegeben habe, sagte einer der Angeklagten am Donnerstag in Erfurt zum Prozessauftakt.

Der Schlag habe den Mann unvorbereitet getroffen. "Der hat das gar nicht kommen sehen", sagte der Angeklagte. Er glaube sich zu erinnern, dass der Mann dann zu Boden gegangen sei. Näher habe er sich nicht mit ihm beschäftigt. "Ich bin einfach weitergegangen." Während des weiteren Angriffs habe er am Rande gestanden.

Überfall auf zahlreiche junge Menschen

Die Staatsanwaltschaft Erfurt wirft in dem Verfahren fünf Angeklagten vor, sich im Juli 2020 am Überfall auf zahlreiche junge Menschen auf einer Grünfläche in Erfurt beteiligt zu haben. Der sogenannte Hirschgarten liegt unmittelbar vor der Thüringer Staatskanzlei. Bei dem Übergriff waren ungefähr ein Dutzend Menschen teilweise schwer verletzt worden.

Die Angeklagten hätten dabei immer wieder mit ihren Fäusten auf ihre Opfer eingeschlagen und einzelne von ihnen auch getreten, sagte ein Staatsanwalt bei der Verlesung der Anklage.

Opfer leiden nach Angriff an psychischen Problemen

Einzelne der Angegriffenen hätten nicht nur schwere körperliche Verletzungen davongetragen, sondern später auch unter psychischen Problemen gelitten. Beispielsweise habe sich eine angegriffene Frau nach dem Übergriff wochenlang nicht auf die Straße getraut.

Bei dem Übergriff seien auch Zivilpolizisten angegriffen worden, sagte der Staatsanwalt. Einer der Angeklagten habe einen der Beamten in einen Schwitzkasten genommen und versucht, seinem Kopf zu schlagen. Zuvor habe der Polizist versucht, einen der Angreifer festzunehmen. Der Angeklagte räumte ein, den Polizisten gewürgt zu haben.

Der Prozess vor dem Landgericht ist bereits das dritte Gerichtsverfahren, das wegen des Überfalls vor der Staatskanzlei stattfindet. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft sind dabei die mutmaßlichen Rädelsführer des Angriffs angeklagt. Zuletzt waren wegen des Überfalls bereits zwei Prozesse vor dem Amtsgericht Erfurt gegen insgesamt neun Angeklagte geführt worden. Die meisten von ihnen sind inzwischen rechtskräftig wegen ihrer Beteiligung an dem Übergriff verurteilt worden.

"Die ganze Sache war doof, ich schäme mich wirklich dafür"

Ein weiterer Angeklagter, der seine Beteiligung an dem Übergriff einräumte, äußerte zum Prozessauftakt auch Worte des Bedauerns. "Die ganze Sache war doof, ich schäme mich wirklich dafür", sagte er. Insbesondere bedauere er, dass er eine Frau geschubst habe. "Das ist auch durch den Alkoholkonsum extrem ausgeartet", sagte der Angeklagte. "Es tut mir alles leid." Der fünfte Angeklagte äußerte sich zum Prozessauftakt nicht.

Die Opferschutzorganisation Ezra kritisierte im Vorfeld des Prozesses, Polizei und Staatsanwaltschaft hätten bei ihren bisherigen Ermittlungen das mutmaßlich rechte Tatmotiv der Angreifer ausgeblendet. Aus Sicht der Organisation gebe es einige Hinweise darauf, dass die mutmaßlichen Täter aus dem rechten politischen Spektrum stammten, sagte eine Ezra-Beraterin vor Beginn der Hauptverhandlung. Im Verfahren müsse nun aufgeklärt werden, ob der Übergriff ein rechtes Tatmotiv gehabt habe.

Zum Prozessauftakt stellten sowohl der Vorsitzende Richter der zuständigen Kammer als auch der Staatsanwalt mehrere Fragen dazu, ob der Übergriff eine politische Motivation haben könnte. Alle Angeklagten, die sich dazu äußerten, bestritten das. Allerdings erklärte einer der Angeklagten, alle seine Freude, mit denen er an diesem Abend unterwegs war, seien "eigentlich rechtsorientiert".

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