Erfurt. Das Landgericht Erfurt verhandelt gegen drei mutmaßliche Dealer. Einer von ihnen soll zudem einen Sprengstoffanschlag ausgeführt haben. Ein Verteidiger fordert die Einstellung des Verfahrens.

Immer wieder rollte die Tour von Erfurt nach Tschechien. Hinter der Grenze waren mehrmals ein Campingplatz und ein bisher unbekannter „Heinz“ oder sogenannte „Vietnamesenmärkte“ Anlaufpunkte. Gefahren wurde mit hochklassigen Pkw, einige davon sollen in Tschechien angemietet worden sein. Aber auch ein Motorrad nennt die Anklageschrift als Fahrzeug für den mutmaßlichen Drogenschmuggel. Zumeist stand die synthetische Droge Crystal, immer wieder aber auch Marihuana, auf den Einkaufslisten.

Drei Angeklagten, einer Frau und zwei Männern, wird seit Montag am Landgericht Erfurt wegen Schmuggels und verbotenen Drogenhandels der Prozess gemacht. Der Ankläger der Staatsanwaltschaft Gera spricht in einem Fall wegen der mutmaßlichen Drogenmenge sogar vom Verbrechen.

Für 28 Euro gekauft und für bis zu 65 Euro verkauft

Dutzende Beschaffungsfahrten werden aufgelistet. Zumeist mit zwei Fahrzeugen, eines vorweg, um sicher zu sein, dass an der Grenze keine Kontrollen drohen. Dann folgte die heiße Ware.

Kaum in Thüringen angekommen, sollen das Crystal und das Marihuana gewinnbringend weiterverkauft worden sein, sind sich die Ankläger sicher. Zumeist hätten die Drogen Zwischenhändler abgenommen.

Die Staatsanwaltschaft nennt als Einkaufspreis in Tschechien 28 Euro für das Gramm Crystal. In Thüringen soll der weiße kristalline Stoff dann für 50 bis 65 Euro je Gramm wieder veräußert worden sein, eine gigantische Gewinnspanne. Fast wöchentlich ging es ins Nachbarland, um Nachschub zu sichern.

Bei derart riskanten, aber florierenden Geschäften erwartet der Laie vorsichtige Schmuggler. Doch die Staatsanwaltschaft listet Dutzende Fahrten auf, bei denen die Angeklagten ohne gültige Fahrerlaubnis mit ihrer illegalen Fracht zwischen den Landesgrenzen pendelten. Offenbar interessierte das niemanden, wie sonst lässt sich auch die Anmietung mehrerer Fahrzeuge erklären.

Einer der Verteidiger bringt gleich nach Prozessbeginn Montagmittag noch eine weitere Möglichkeit ins Spiel. Er fordert die Einstellung des Verfahrens und die Freilassung von Oliver G., seines Mandanten. Denn die Anklageschrift entspreche nicht den juristischen Anforderungen, argumentierte er. Die einzelnen Straftatvorwürfe seien nicht ausreichend konkret und zu wenig gegeneinander abgegrenzt. Das sei ein Prozesshindernis, weshalb das Verfahren beendet werden müsse.

Drogendeal finanzierte Luxusreise nach Dubai

Außerdem führt der Anwalt noch an, dass sein Mandant bereits wegen des Fahrens ohne Führerschein verurteilt worden sei. Ein zweites Mal könne er dafür in einem weiteren, dem aktuellen Prozess, nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Die 7. Strafkammer zieht sich noch vor dem Verlesen der Anklage für circa 20 Minuten zur Beratung zurück. Immerhin könnte das Verfahren auf dem Spiel stehen.

Danach erklärt die Kammer, das Verfahren mit dem Verlesen fortführen zu wollen, da die Frage, ob die Anklage Mängel aufweise, erst nach deren Kenntnisnahme geprüft werden könne. Auch die Kammer habe sich bereits damit beschäftigt, dass der Angeklagte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schon verurteilt wurde. Ob das allerdings zur kompletten Verfahrenseinstellung führen werde, müsse geprüft werden. Immerhin sei auch eine teilweise Einstellung möglich.

Zum Prozess wurden am Montag zudem zwei weitere, bisher noch nicht verhandelte Anklagen, hinzu genommen. Auch darin geht es um Drogendelikte.

Sprengstoffanschlag auf Gartenlaube

Allein die Hauptanklage umfasst etwa 40 Seiten und listet 89 Fälle auf, in denen Drogen geschmuggelt oder verkauft wurden. Aber es ist auch von einer Urlaubsreise von zwei der drei Angeklagten nach Dubai die Rede. Kurz vor seiner Abreise soll Oliver G. noch für 7200 Euro Drogen verkauft haben.

Am 1. November des Vorjahres klickten für die Angeklagte n Monique A. und Sebastian G. die Handschellen bei Kölleda. Sie waren aufgeflogen. Monique A. gilt offenbar als Hauptbeschuldigte. Laut Anklage soll sie 369.306,50 Euro aus den Drogendeals eingenommen haben. Für ihren Compagnon Oliver G. werden mindestens 24.000 Euro genannt.

Sebastian S. soll neben einigen Drogendelikten auch einen Sprengstoffanschlag ausgeführt haben. Diesen habe Monique A. laut Anklage angewiesen, weil ihr bei einem Drogengeschäft von einem Maskierten das Rauschgift abgenommen wurde. Verletzt hat die Explosion eines Kühlschranks in einer Gartenlaube niemanden.

Dafür schaffte es die 36-Jährige, selbst vom Gefängnis im sächsischen Chemnitz aus, sich von den Behörden unbemerkt, per Brief und Telefon mit Compagnon Oliver G. zu verständigen, der da noch in Freiheit war.