Erfurt. Der NSU-Untersuchungsausschuss fordert trotz einem Gutachten weiter Akteneinsicht. Das Innenministerium hält sich dazu vorerst noch bedeckt.

Die Rede ist vom Affront: Innenminister Georg Maier (SPD) war am Donnerstag aus einer öffentlichen Anhörung des Petitionsausschusses im Plenarsaal des Landtags in den NSU-Ausschuss zitiert worden.

Im Plenum erlebten rund einhundert Gäste und Zuhörer, wie der Vortrag eines Wissenschaftlers unterbrochen wird und der Minister durch den Landtag in den NSU-Ausschuss eilt.

Gestern spricht Georg Maier von einem „ungewöhnlichen Vorgang“. Er dachte, es sei wichtig, warum die öffentliche Sitzung unterbrochen wurde, die Gäste im Landtag warten mussten und er in den parallel tagenden Ausschuss bestellt wurde.

Zum Inhalt der Beratung hinter verschlossenen Türen wollte er sich mit Verweis auf Vertraulichkeit nicht äußern.

Es knirscht: Ausschuss und Ministerium uneins

Auch Dorothea Marx (SPD), die Vorsitzende des Ausschusses, bestätigte gestern nur, dass der Minister kurzfristig in ihr Gremium bestellt wurde. Details dürfe auch sie nicht preisgeben.

Dabei knirscht es seit Monaten zwischen Ausschuss und Innenministerium. Denn die Abgeordneten wünschen Einblick in brisante Polizeiakten. Sie interessieren sich dafür, ob in Bereichen zwischen Rechtsextremen und Organisierter Kriminalität bei der Thüringer Polizei Vertrauenspersonen – also Informanten – eingesetzt waren.

Für Verfassungsschutzspitzel hat Thüringen nach den NSU-Erfahrungen eine Kontrollinstanz eingezogen, so dass V-Leute nicht einfach heimlich installiert werden dürfen.

Vertrauenspersonen bei der Polizei unterliegen keiner solchen Kontrolle. Deshalb die Akteneinsicht: Gesucht werden Informanten, die von der Polizei gegen die Organisierte Kriminalität eingesetzt wurden und auch über rechtsextreme Aktivitäten zu berichten wussten. Der Ausschuss sieht sich im Recht.

Das Ministerium fürchtet um den Ruf der Polizei, wenn Zuträger öffentlich werden. Deshalb sollte der Jurist Bernd von Heintschel-Heinegg die Akten sichten. Das Gutachten liegt vor. Berichte über Verbindungen von Schwerkriminellen und Rechtsextremen soll es nicht gegeben haben.

Daran zweifeln die Abgeordneten. Deshalb wird erneut Einsicht in einige Akten verlangt.

Spontan konnte der Minister am Donnerstag nur wenig zum Sachverhalt sagen. Das Thema steht am Donnerstag erneut im NSU-Ausschuss zur Debatte. Den Vorwurf, der Jurist und sein Team hätten nur zwei Tage Zeit zur Akteneinsicht gehabt, weist das Ministerium zurück.

Die Brisanz bleibt, auch weil hier das SPD-geführte Innenministerium und der Ausschuss mit SPD-Vorsitz kollidieren.