Erfurt. Bleibt ein Elternteil für sein von ihm getrennt lebendes Kind den Unterhalt schuldig, springen die Kommunen ein. Den gezahlten Unterhaltsvorschuss können sie sich aber kaum wiederholen.

Die Thüringer Kommunen können in der Regel nur einen sehr kleinen Teil des als Unterhaltsvorschuss gezahlten Geldes wieder eintreiben. Zwar hätten die Kommunen ein hohes Interesse daran, sich die Gelder wieder zurückzuholen, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings seien viele Elternteile, die Unterhalt nicht oder nicht in voller Höhe für ihre Kinder zahlten, tatsächlich zahlungsunfähig.

Nach Ministeriumsangaben konnten die Kommunen im vergangenen Jahr nur 15 Prozent der staatlichen Gelder wiederholen, die Kommunen, Land und Bund für den Unterhaltsvorschuss in Thüringen aufgewendet haben. 2018 seien es sogar nur zehn Prozent gewesen. Die Regelungen zum Unterhaltsvorschuss wurden laut der Ministeriumssprecherin 2017 überarbeitet. Dadurch habe es 2018 deutlich mehr Anträge gegeben, die von den Kommunen zunächst bearbeitet werden mussten. Erst 2019 hätten sie deshalb die Kapazitäten gehabt, um sich intensiver mit den Rückforderungen zu befassen.

Der Unterhaltsvorschuss ist eine Sozialleistung. Anspruch darauf haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und für die von ihrem anderen Elternteil kein oder nicht regelmäßig Unterhalt gezahlt wird. Die Höhe des Vorschusses ist nach dem Alter des Kindes gestaffelt und liegt seit dem 1. Januar 2020 bei maximal 293 Euro pro Monat. Durch die Reform des Unterhaltsvorschusses 2017 war der Kreis der anspruchsberechtigten Kinder deutlich ausgeweitet worden. Verwaltet wird der Unterhaltsvorschuss von den Kommunen.

Diese Ausweitung des Anspruchs hat auch zu deutlich gestiegenen Kosten geführt. Zahlte der Staat laut Ministerium 2016 für in Thüringen lebende Kinder etwa 27,1 Millionen Euro Unterhaltsvorschuss, so waren es im vergangenen Jahr etwa 66,9 Millionen Euro. Der Unterhaltsvorschuss war 2019 in Thüringen in etwa 27.600 Fällen gezahlt worden. Die Kosten teilten sich vor der Reform Bund, Land und Kommunen zu je einem Drittel. Seit der Reform trägt der Bund 40 Prozent der Kosten und Land und Kommen jeweils 30 Prozent.

Die Sprecherin des Sozialministeriums sagte, die Gelder, die von den unterhaltspflichtigen Eltern wiedergeholt werden könnten, würden zu 40 Prozent an den Bund fließen, während 60 Prozent bei den Kommunen blieben. Das Land erhalte nichts davon.

Sozialministerin Heike Werner (Linke) hatte bei der Reform des Unterhaltsvorschusses unter anderem kritisiert, dass der Vorschuss auf Hartz IV-Leistungen und auf das Kindergeld angerechnet wird. Sie spricht sich deshalb nach wie vor für die Einführung einer eigenständigen Kindergrundsicherung aus. Damit könnten die unterschiedlichen Förderungen im Kindergeld- und Kinderfreibetragssystem überwunden werden.