Potsdam. Trainieren im Fitnessstudio ist derzeit eine Herausforderung. Schon Anfang des Jahres mussten die Studios wegen Corona schließen - jetzt wieder. Für Kunden und Betreiber eine schwierige Situation.

Spät hell, früh dunkel, dazu noch kalt und oft auch noch Regen: Sport im Freien macht derzeit wenig Spaß. Zu allem Überfluss sind Fitnessstudios coronabedingt wieder geschlossen.

Statt im Sportstudio zu trainieren, rollen daher viele ihre Fitnessmatte wieder im Wohnzimmer aus. Doch was heißt das für die Mitgliedschaft im Studio? Wichtige Fragen und Antworten.

Muss der Beitrag gezahlt werden, wenn das Studio zu ist?

Die Betreiber dürfen ihre Dienstleistung aufgrund der Vorgaben derzeit nicht anbieten. Im Prinzip dürften sie für nicht erbrachte Leistungen aber auch kein Geld verlangen. Für Kunden entfällt damit die Pflicht, ihre Beiträge zu zahlen. Geregelt ist das in Paragraf 326 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Sehen das auch alle Gerichte so?

Nein, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie stellen sich manche Rechtsfragen neu. So befand etwa das Landgericht Würzburg in einem Urteil (Az.: 1 HK O 1250/20). "Die Covid-19-Pandemie fällt in die Kategorie der sogenannten "Störung der großen Geschäftsgrundlage"."

Nach Ansicht der Richter sei die Rechtslage vielfach ungeklärt und umstritten, da privatrechtliche Vertragsverhältnisse durch die Pandemie gestört werden. Im Falle der behördlich verfügten Schließung des Fitnessstudios sei daher nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Kunden einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge haben.

Kann ich mir bereits gezahlte Beiträge erstatten lassen?

Wenn Mitglieder Beiträge im Voraus gezahlt haben, kann im Prinzip ein Erstattungsanspruch für die Zeit der Schließung bestehen. Da am 20. Mai die Gutscheinlösung in Kraft getreten ist, müssen Kunden Wertgutscheine akzeptieren, erklärt Robert Bartel der Verbraucherzentrale (VZ) Brandenburg. "Das gilt zumindest bei allen Verträgen, die vor dem 8. März abgeschlossen wurden."

Die Wertgutscheine dürfen nicht nur für ein bestimmtes Angebot gelten. Auf dem Gutschein muss laut Gesetz stehen, dass er wegen der Coronakrise ausgestellt wurde. Und: dass der Kunde die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen kann, wenn er diesen nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst hat.

Muss ich den Gutschein akzeptieren?

Nein, es gibt Ausnahmen. Ist es für einen Kunden unzumutbar, einen Gutschein anzunehmen, darf er ihn auch ablehnen. Auch das ist gesetzlich geregelt. Nicht erklärt wird aber, welche persönlichen Lebensumstände gemeint sind - das wird Auslegungssache sein.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer könnte eine Auszahlung des Gutscheines gerechtfertigt sein, wenn ein Kunde erklärt, dass er ohne das Geld nicht in der Lage ist seine Miete oder Energierechnungen zu begleichen. Dies müsse er gegenüber dem Studiobetreiber nachvollziehbar nachweisen können. Kontoauszüge oder spezielle Unterlagen könne der Studiobetreiber nicht ohne Weiteres verlangen.

Verlängert sich der Vertrag durch die Schließung?

Manche Betreiber bieten derzeit an, den Vertrag kostenfrei um die Zeit der Schließung zu verlängern. Aus Sicht der VZ Brandenburg ist eine solche Vertragsänderung rechtlich nicht ohne Weiteres zulässig. Nötig wäre hier eine Zustimmung der anderen Vertragspartei. Kunden können solche Angebote also im Prinzip auch ablehnen.

Zu einer anderen Einschätzung kommt das Amtsgericht Torgau (Az.: 2 C 382/19): Es bewertet die Corona-Pandemie auch als Störung der Geschäftsgrundlage. Vor diesem Hintergrund sei es für eine Kundin zumutbar, die Stundung der Mitgliedsbeiträge während der covidbedingten Schließung hinzunehmen und den Zeitrahmen von drei Monaten an das reguläre Vertragsende dranzuhängen.

Aus Sicht von Rechtsanwalt Hans Geisler aus Bielefeld ist es daher durchaus sachgerecht, wenn Verträge angepasst werden. "Keine der beiden Parteien hat eine Situation, wie durch die nunmehrige Pandemie bedingt, bei Vertragsschluss vorhergesehen und bedacht."

Kann ich den Vertrag jetzt auch kündigen?

Wer am Vertrag nicht mehr festhalten will, kann ihn grundsätzlich fristgemäß kündigen. Am vereinbarten Vertragsende ändere auch die Pandemie laut Bartel nichts. Gerichtlich geklärt ist diese Frage aber nicht. Ein Sonderkündigungsrecht besteht bei behördlich verfügten Schließungen aber nicht, dafür fehle eine gesetzliche Grundlage.

© dpa-infocom, dpa:201117-99-364836/5