Gera. Thüringer Notare beantworten Fragen unserer Leser rund um das Thema „Erben und Vererben“.

Das Telefon stand nicht still beim Telefonforum zum Thema „Erben und Vererben“. Notarin Margita Oehler aus Gera und die Notare Martin Seikel aus Eisenberg und Uwe Münsterberg aus Saalfeld haben die Fragen unserer Leserinnen und Leser beantwortet. Einige davon dokumentieren wir hier in anonymisierter Form.

Mein Mann und ich haben ein handschriftliches Testament. Wir haben keine Kinder. Anlässlich einer Flugreise im letzten Jahr haben wir für den Fall, dass wir von dieser Reise nicht zurückkommen, unsere Erben festgelegt. Gilt diese Regelung auch für die Folgezeit?

Diese Regelung gilt nur für den Umstand, dass Sie beide zum gleichen Zeitpunkt und im Zusammenhang mit dieser Reise versterben. Da dies nicht der Fall gewesen ist, ist Ihre Erbregelung neu zu überdenken. Zu empfehlen ist auch eine Regelung für den Fall, dass nur einer von Ihnen verstirbt und wer dann als Schlusserbe infrage kommt.

Ich bin unverheiratet, habe zwei Kinder – Sohn und Tochter – und möchte sichergehen, dass mein Sohn mein Haus erbt. Ist es sinnvoll, dass ich ihm die Immobilie jetzt schon, also solange ich lebe, schenke oder übertrage?

Schenken und übertragen ist das Gleiche. Hier wird keine Unterscheidung vorgenommen. Um entscheiden zu können, ob Sie das Grundstück per Testament an Ihren Sohn vererben oder zu Lebzeiten übertragen, sollten Sie folgende Faktoren bedenken: Ihre Tochter ist pflichtteilsberechtigter Erbe und hat insoweit gesetzliche Zahlungsansprüche nach Ihrem Ableben. Sie könnte gegenüber ihrem Bruder Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen. Diese werden ab Leistung des verschenkten Gegenstandes in einer Zehnjahresfrist zu jeweils zehn Prozent pro Jahr abgeschmolzen. Wollen Sie sich jedoch bei der Übertragung weitgehende Nutzungsrechte an dem Grundstück vorbehalten, läuft diese Frist nicht an. Nicht selten sind Geschwister bereit, gegen Zahlung eines sogenannten Gleichstellungsgeldes auf mögliche Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen der Schenkung des Grundstückes zu verzichten. Ein entsprechend beschränkter Pflichtteilsverzicht bedarf zu seiner Wirksamkeit genauso wie die eigentliche Grundstücksübertragung der notariellen Beurkundung. Ob eine solche Vertragsgestaltung gewollt und sinnvoll ist, hängt natürlich von der familiären Situation ab.

Wir haben zwei Kinder, die mit ihren jeweiligen Familien in unserem Haus mit wohnen. Aus Altersgründen möchten wir die Immobilie beiden Kindern übertragen. Ist es ratsam, nicht nur unseren Kindern, sondern auch deren Ehegatten mit zu übertragen?

Durch die Zuwendung an Schwiegerkinder bei Scheidung kann es zu Problemen kommen. Außerdem ist bei größerem Vermögen zu beachten, dass Schwiegerkinder steuerlich nicht begünstigt sind.

Mein Mann und ich haben eine Immobilie, die wir unserem gemeinsamen Kind vererben möchten. Mein Sohn aus erster Ehe war bereit, gegen Zahlung eines Betrages von 10.000 Euro, auf seinen Pflichtteil zu verzichten. Diesen Betrag habe ich auf sein Konto überwiesen. Ist damit der Pflichtteilsanspruch erledigt?

Ein Pflichtteilsverzichtsvertrag ist zwingend von einem Notar zu beurkunden. Die einfache Zahlung eines Betrags auf das Konto ihres Sohnes ist somit nicht ausreichend.

Was ist ein Nottestament und unter welchen Umständen tritt dieses in Kraft?

Ein Nottestament wird mit drei Zeugen aufgesetzt und gilt für den Fall, dass der Testierende nicht in der Lage ist, selbst zu schreiben und auch ein Notar nicht erreichbar ist. Das wäre zum Beispiel im Krankenhaus oder im Rahmen eines Unfalls in den Bergen oder bei Seereisen. Der Testierende erklärt mündlich seinen letzten Willen. Einer der Zeugen nimmt diesen handschriftlich auf und er und zwei weitere Personen unterschreiben. Nach drei Monaten verliert das Testament seine Gültigkeit, sofern der Testierende in dieser Zeit zur Errichtung eines ordentlichen Testaments in der Lage gewesen ist.

Mein Mann ist verstorben. Aufgrund unseres gemeinsamen Testaments bin ich Alleinerbin geworden. Unser gemeinsames Wohnhaus haben wir bereits zu unseren Lebzeiten verkauft und den Kaufpreis unter unseren Kindern verteilt. Haben die Kinder jetzt noch Pflichtteilsansprüche?

Pflichtteilsansprüche sind nur ausgeschlossen, wenn entweder ein Pflichtteilsverzichtsvertrag vorliegt oder die Auszahlungen ausdrücklich in Anrechnung auf den Pflichtteil erfolgte.

Bis wann nach dem Tod des Erblassers gibt es den Pflichtteil?

Ein Pflichtteilsanspruch muss geltend gemacht werden. Er unterliegt einer dreijährigen Verjährungsfrist. Diese beginnt mit Kenntnis des Erbausschlusses.

Wer ist denn überhaupt pflichtteilsberechtigt?

Einen Pflichtteilsanspruch haben grundsätzlich nur Ehegatten und Abkömmlinge. Abkömmlinge sind sowohl Kinder, wobei eheliche und uneheliche gleichgestellt sind, aber möglicherweise auch Enkel. Diese treten an die Stelle eines vorverstorbenen Kindes. Hinterlässt ein Erblasser keine Kinder, haben auch dessen Eltern einen Pflichtteilsanspruch. Nicht berechtigt sind dagegen Geschwister, Nichten, Neffen, Cousins und Cousinen.

Gibt es Möglichkeiten, den Pflichtteil zu reduzieren?

Ja. Pflichtteilsansprüche von Kindern können zum Beispiel durch eine vorausschauende Nachlassplanung erheblich vermindert werden. So kann der Wert des zu vererbenden Vermögens etwa dadurch herabgesetzt werden, dass bereits zu Lebzeiten Teile des Vermögens an Kinder verschenkt werden. Lebt der Erblasser nach einer solchen Schenkung noch mindestens zehn Jahre, wird das verschenkte Vermögen bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht mehr berücksichtigt. Doch auch wenn der Erblasser schon vorher verstirbt, reduziert eine vorgenommene Schenkung die Pflichtteilsansprüche. Denn der Wert des verschenkten Vermögens wird im Zeitraum von zehn Jahren jährlich um ein Zehntel abgeschmolzen. Verstirbt ein Erblasser sechs Jahre nach einer Schenkung, werden vom verschenkten Gegenstand noch 40 Prozent angerechnet. Eine Schenkung kann sich also lohnen. Vorsicht bei Schenkungen an den Ehegatten: Hier beginnt die Zehnjahresfrist erst mit Auflösung der Ehe.

Mein Mann und ich haben ein Berliner Testament aufgesetzt. Mein Mann ist vor Jahren verstorben. In der Zwischenzeit habe ich ein Haus gebaut, das ich meinem Sohn gern vererben möchte, weil sich meine Tochter nicht um mich kümmert. Kann ich das notarielle Testament diesbezüglich ändern beziehungsweise handschriftlich eine Ergänzung vornehmen?

Grundsätzlich kann man ein notarielles Testament auch handschriftlich ändern. Geht es um das Vererben eines größeren Vermögens oder einer Immobilie, was bei Ihnen der Fall ist, empfiehlt sich der Gang zum Notar, der mit Ihnen das Testament ändert oder ein neues Testament aufsetzt. Dabei kommt es darauf an, ob Sie und Ihr Mann sich von der Bindungswirkung des Testamentes gegenseitig befreit beziehungsweise in Ihrem Testament einen Abänderungsvorbehalt getroffen haben. Das muss im Vorfeld geprüft werden.