Amt Creuzburg. Jeder Beitrag zählt: 1997 liegt das Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn in Trümmern. 2021 erblüht es schöner denn je. Das steckt hinter der nachhaltigen Entwicklung.

„Blühende Landschaften.“ Ein Blick auf das Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn im Amt Creuzburg (Wartburgkreis) provoziert die Anleihe bei Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) nahezu. Fritjof Karsten muss lachen. „Auferstanden aus Ruinen würde auch passen“, sagt er. Karsten und seine Frau haben das Gut 1997 gekauft – und zu einem nachhaltigen Bio-Hotel entwickelt.

Der Reihe nach: 1997 geht das Ehepaar – er wurde in Schmalkalden geboren, sie in Dresden – das Wagnis ein. „Wir haben tote Böden und verseuchtes Trinkwasser vorgefunden“, erinnert sich Karsten im Gespräch mit dieser Zeitung. Alle drei Monate wird das jetzt getestet und sei nun von bester Qualität.

Ihm war aber von Anbeginn klar: Bio und Nachhaltigkeit, „das ist für uns keine Marketingstrategie, sondern innere Überzeugung“. 2001 eröffnet das Restaurant. 2010 wird das Hotel biozertifiziert. Seither kommen die Gäste aus vielen Ländern nach Thüringen. Karsten ist überzeugt: „Der Bio-Esser sucht auch im Urlaub danach, wo er sein Bio-Frühstück bekommt.“

Produkte stammen aus der heimischen Landwirtschaft

Im Stiftsgut kommen die Produkte aus der heimischen Landwirtschaft, die an das Hotel angeschlossen ist. Regionalität wird damit durch Lokalität ersetzt. Der 54-Jährige macht klar: „Wer auf Bio und Nachhaltigkeit setzen will, der kann das machen.“ Es brauche lediglich den Mut, diesen Schritt zu gehen. Aus Sicht von Karsten ist das, was in seinem Stiftsgut passiert eine Rückbesinnung auf die Landwirtschaft vor einem Jahrhundert. Eine Landwirtschaft, die nicht mit Unkrautvernichtungsmitteln agierte, an dem dann die Bienen sterben. Das wird auf das Hotel übertragen. Hier sind es die kleinen Dinge, die zu einem stimmigen Gesamtbild beitragen, wenn beispielsweise beim Blick ins Hotelzimmer nicht sofort die chemische Waschmittelkeule in die Nase steigt.

Das Ei fürs Frühstück oder das Eis kommt auf dem Stiftsgut vom frei laufenden Huhn. Die angeschlossenen Landwirtschaft ist Teil des Gesamtkonzeptes.
Das Ei fürs Frühstück oder das Eis kommt auf dem Stiftsgut vom frei laufenden Huhn. Die angeschlossenen Landwirtschaft ist Teil des Gesamtkonzeptes. © Foto: Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn

Landesweit rückt der nachhaltige Tourismus immer stärker ins Bewusstsein, findet in der Tourismusstrategie des Landes bis zum Jahr 2025 seinen festen Platz. Der für Tourismus zuständige Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärt auf Anfrage, warum das so ist: „Nachhaltigkeit ist nicht nur die Antwort auf einen Trend, sondern auch der Tourismus hat entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Art der An- und Abreise bis hin zum umweltbewussten Aufenthalt seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele zu leisten.“

Tourismus in Thüringen erwirtschaftet einen Bruttoumsatz von 3,8 Milliarden Euro

Der SPD-Minister kennt die Bedeutung des Tourismus für Thüringen genau – deshalb liegt ihm dessen Zukunftsfähigkeit am Herzen. Mittlerweile verweist der Tourismus in Thüringen auf einen Bruttoumsatz von 3,8 Milliarden Euro. Beim Tourismustag des Landes im vergangenen Monat wurde verdeutlicht, dass der Schritt von einem weichen zum harten Standortfaktor längst vollzogen ist. Denn: Am Tourismus hängen noch viel mehr Lebensbereiche, der Einzelhandel und die Kultur sind da nur zwei Beispiel.

Im Wirtschaftsministerium heißt das auf dem Weg zur Umsetzung der 2025er-Strategie, dass Nachhaltigkeit als Daueraufgabe begriffen wird. Alle größeren Infrastrukturvorhaben auf dem Tourismussektor werden hinterfragt. Aus dem Ministerium heraus wird beispielsweise bei der Modernisierung von Bädern darauf gedrungen, dass energetische Maßnahmen vorgenommen werden – die würden, heißt es auf Nachfrage, nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern auch die Kommunen finanziell entlasten.

Geld ist auch im Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn ein Stichwort, das gleich mehrere Ebenen hat. „Natürlich ist es bei uns etwas teurer“, sagt Fritjof Karsten mit Blick auf konventionelle Wettbewerber. Was hat der Gast dann von dem Konzept? Er könne sicher sein, versichert der Hotelchef, dass bei ihm nur lokale Produkte auf den Teller kommen. Das spiegelt sich dann zum Beispiel in der Karte des Restaurants wider. Dort gibt es „Geschmortes vom Hof“ – eben je nach Saison und nicht.