Weißensee/Straußfurt. Jeder Beitrag zählt: Ein Traktor ist heutzutage ein Hightechgerät. Und je moderner die Technik ist, desto umweltverträglicher ist sie.

Es ist wie vor 100 Jahren. Gemächlich tuckert ein Traktor übers Feld.

Doch das plump wirkende Gefährt ist ein völlig anderes als vor 100 Jahren. Der Traktor ist heutzutage ein Hightechgerät, das über GPS gesteuert wird und im Inneren mit vielen Knöpfen, Tasten und einem Bordcomputer ausgestattet ist. Er ist stark, effizient, komfortabel und teuer. „Weit über 200.000 Euro kostet einer“, sagt Jürgen Paffen, „ein Mähdrescher sogar bis zu 500.000 Euro.“ Er ist Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft in Weißensee. Matthias Wiegand, der die unweit entfernte Agrargenossenschaft in Straußfurt (ebenfalls Landkreis Sömmerda) leitet, nickt zustimmend. Und bemerkt, „dass hochmoderne Technik notwendig ist, um Landwirtschaft nachhaltig zu betreiben, auch wenn sie wie die Mähdrescher oft monatelang gar nicht gebraucht wird“.

Je moderner die Technik,desto umweltverträglicher

Traktoren sind dagegen häufiger und länger im Einsatz. Mit bis zu 600 PS können sie nahezu alle landwirtschaftlichen Geräte tragen beziehungsweise ziehen, fahren teilweise autonom und schaffen es, beispielsweise Saatgut punktgenau auszubringen oder ein Feld zentimetergenau zu bearbeiten.

Das Augenmaß des Fahrers ist in dieser Hinsicht kaum noch gefragt, dafür technisches Verständnis. Das bringt zusätzliche Nachhaltigkeit. „Denn Abgaswerte und Spritverbrauch pro bearbeiteter Fläche sind bei modernen Traktoren extrem gering, Pflanzenschutzmittel und Dünger können eingespart werden“, sagt Wiegand, der zehn Fahrzeuge in seinem Unternehmen mit 30 Mitarbeitern hat. „Je moderner die Technik, desto umweltverträglicher und damit nachhaltiger“, pflichtet Paffen bei, der sogar über 25 Traktoren in der Genossenschaft verfügt und Chef von über 80 Angestellten ist. Um nach kurzer Pause jedoch einzuwerfen, dass Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft „ein sehr weites Feld ist“. Sie sei jedenfalls keine Erfindung der letzten Jahre, sie gebe es schon immer. „Jeder Landwirt muss nachhaltig wirtschaften, sonst existiert er irgendwann nicht mehr.“ Die Betriebe seien darauf ausgerichtet, über Generationen hinweg zu denken und zu produzieren. „Nachhaltigkeit ist automatisch unser tägliches Brot“, so Wiegand. „Dazu gehört nicht nur der Anbau von Sommer- und Winterkulturen“, äußert Paffen, „sondern auch Bodenfruchtbarkeit, regionale Wertschöpfung, Digitalisierung, Arbeitsschutz.“

Bis zu acht unterschiedliche Kulturen in einer Fruchtfolge werden angebaut

Die begrenzt verfügbaren, natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser oder Luft sollen schonend eingesetzt werden, um langfristig gesunde Nahrungsmittel produzieren zu können. „Zu diesem Thema gibt es viel zu erzählen“, sagt Paffen, der beim Blick zum Rapsfeld über Fruchtfolgen redet. Bei ihm, einem gebürtigen Odenwälder, der seit fast drei Jahrzehnten in Thüringen lebt, sei dies eine vier- bis fünfgliedrige Fruchtfolge.

Wiegand baut bei seiner ökologisch wirtschaftenden Tochtergesellschaft, BioLution GmbH, sogar bis zu acht unterschiedliche Kulturen in einer Fruchtfolge an. Der 35-Jährige plant auf 500 Hektar Biofläche seit 2020 unter anderem mit dem Anbau von Sonnenblumen, Acker- und Sojabohnen, Dinkel, Kartoffeln sowie Luzerne und Grünland.

Paffen sieht Bio angesichts des enormen Kostendrucks skeptisch, weil zu wenige Menschen bereit sind, den dafür notwendigen, höheren Preis zu bezahlen und weil viel billiges Bio aus dem Ausland importiert wird.“ Der 60-Jährige setzt ebenfalls auf regionale Produkte, die Agrargenossenschaft Weißensee produziert im konventionellen Anbau verschiedene Getreidearten, Raps, Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln und Hopfen.

Paffen erläutert, dass man einem Boden durch Ernte nicht nur ständig Nährstoffe entziehen könne, „sondern man muss sie ihm auch wieder regelmäßig zuführen“. Dies kann in Form von Gülle oder Mist erfolgen oder mit industriell hergestelltem Mineraldünger, der durch Sensortechnik punktgenau verteilt wird. „Dadurch wird nur so viel gedüngt, wie die Pflanze tatsächlich benötigt“, so Paffen und blickt zum Traktor, der gerade aufs Feld fährt. Und es klingt fast schon etwas schwärmerisch, wenn er ihn als „hochkomplexen, bequemen Arbeitsplatz“, als „fahrenden Computer“, als „unverzichtbare Maschine“ bezeichnet.