Erfurt. Hatte die Thüringer Polizei V-Personen im Umfeld des NSU-Terrortrios? Diese Frage konnte der NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag nicht klären. Ein Abschlussbericht soll im September im Landtag beraten werden.

Eine seiner wichtigsten Fragen konnte der NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag nicht klären. Hatte auch die Polizei eigene Quellen im Umfeld der rechtsextremen Terrorzelle NSU?

Bei den deutschen Verfassungsschutzbehörden sind inzwischen mehr als ein Dutzend dieser Spitzel bekannt.

Der Entwurf des Abschlussbericht zum 2. NSU-Ausschuss, den die Redaktion einsehen konnte, setzt sich in seinem dritten Teil explizit auch mit dem Verhalten der Landesregierung und des Innenministeriums auseinander. Dieses Verhalten habe die in dem Punkt die Aufklärungsarbeit unmöglich gemacht, lautet das Fazit. Der Untersuchungsausschuss bedaure sehr, heißt es, „dass es ihm aufgrund der restriktiven Beurteilung der aktuellen Rechtslage durch die Landesregierung insbesondere nicht möglich gewesen ist, den Einsatz von Vertrauenspersonen der Polizei mit Bezug zum NSU und dessen Umfeld zu untersuchen“.

Einige Zeilen weiter taucht in Klammern die Frage auf, „gab es vielleicht auch dort einen Tino B.“? Gemeint ist ein früherer Thüringer Verfassungsschutzspitzel, der nach dem Untertauchen der Rechtsterroristen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 1998 per Telefon mehrfach Kontakt zu dem Trio im sächsischen Untergrund hatte.

Der NSU-Untersuchungsausschuss geht zudem davon aus, dass das Innenministerium und die Sicherheitsbehörden dem Gremium wenigstens die Akten der V-Leute der Polizei hätten vorlegen müssen, die sich durch Offenlegung ihrer Tätigkeit selber offenbart und damit auch den Vertrauensschutz seitens der Behörden aufgegeben hatten. Mit Bezug auf einen führenden Thüringer Kriminalbeamten ist die Rede von 326 abgeschalteten menschlichen Quellen bei der Thüringer Polizei.

Kommission erfuhr nicht die Klarnamen der Vertrauenspersonen

Massiv kritisiert der Entwurf des Berichts, dass auch eine im November des Vorjahres vom Innenminister eingesetzte Kommission nicht geeignet war, brauchbare Erkenntnisse zur Frage des V-Mann-Einsatzes der Polizei im NSU-Umfeld zu gewinnen.

Zwar hätten dem Gremium Einsatzakten zu 142 V-Personen der Polizei vorgelegen, heißt es weiter, die Auswahl dazu sei aber ausschließlich durch das Landeskriminalamt erfolgt. Zudem erfuhr die Kommission nicht die Klarnamen der Vertrauenspersonen. Von der Kommission „konnten daher keine relevanten V-Personen identifiziert werden, obwohl dem NSU-Ausschuss Nachweise über den Einsatz mehrerer V-Personen vorgelegen haben“.

Ausschussmitglieder hatten mehrfach kritisiert, dass es beim Verfassungsschutz in Thüringen eine parlamentarische Kontrolle gebe, die bis hin zum V-Mann-einsatz reiche, bei der Polizei sich dieser Bereich aber jeglicher Kontrolle entziehe.

Donnerstag ist nächste Beratung des Entwurfs im Ausschuss geplant

Der 2. Thüringer NSU-Untersuchungsaussschuss muss mit dem Ende der Legislaturperiode auch seine Arbeit einstellen. Im September soll der Abschlussbericht im Parlament beraten werden. Kommenden Donnerstag ist die nächste Beratung des Entwurfs im Ausschuss geplant.

Beate Zschäpe wurde im Vorjahr vom Oberlandesgericht in München unter anderem wegen zehnfachen Mordes und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Richterspruch ist bisher aber noch nicht rechtskräftig.

Ihre Kumpanen Mundlos und Böhnhardt sollen sich selber erschossen haben, als die Polizei am 4. November 2011 ihr Wohnmobil in Eisenach-Stregda nach einem Banküberfall entdeckte. Der NSU soll unter anderem für neun rassistisch motivierte Morde zwischen den Jahren 2000 und 2006 verantwortlich sein.

Das könnte Sie auch interessieren: