Bad Langensalza. Ulrike Appold ist Chirurgin am Hufeland-Klinikum und arbeitet ehrenamtlich am Ring. Jetzt fährt sie mit dem deutschen Nachwuchs zur EM.

Wenn im September in Bulgarien Jugendliche aus ganz Europa um Meistertitel boxen, dann wird Ulrike Appold ganz nah am Geschehen sein. Als Teamärztin begleitet sie die U19-Nationalmannschaft zwei Wochen lang im Training, aber auch am Ring. Im bürgerlichen Leben ist Appold Chirurgin am Hufeland-Klinikum in Bad Langensalza, wo sie soeben zur Oberärztin ernannt wurde.

In der Kur- und Rosenstadt lebt die gebürtige Unterfränkin seit 2012. Sport sei für sie Ausgleich zur Arbeit im OP und auf Station, sagt sie. Bald wurde sie in Bad Langensalza auf den SV Empor aufmerksam, der hier eine gut etablierte Box-Hochburg geschaffen hat, mit erfolgreicher Nachwuchsarbeit und regelmäßigen Turnieren.

Ulrike Appold beschloss, vom Badminton zum Boxen zu wechseln. „Ich habe angefangen, dreimal die Woche zu trainieren“, erinnert sie sich. Und fühlt sich seitdem im Verein pudelwohl: Der SV Empor, sei wie eine Familie, „der Zusammenhalt ist unglaublich“. Bald wurde die Medizinerin gefragt, ob sie nicht als Ringärztin fungieren wolle, „denn die sind immer gesucht“. Also übernahm sie das Amt. Und machte einen guten Job. Inzwischen ist sie Verbandsärztin beim Thüringer Boxverband und war schon bei zwei Deutschen Meisterschaften im Einsatz: „Fast jedes freie Wochenende bin ich unterwegs am Ring.“

Hände und Kopf sind am meisten gefährdet

Mediziner spielen bei dem körperbetonten Sport eine wichtige Rolle, nicht nur bei Verletzungen. „Solange kein Arzt am Ring ist, wird nicht geboxt“, sagt die Ärztin. Vor jedem Kampf müssen die Teilnehmer untersucht werden. Wer nicht „fit to box“ ist, darf erst gar nicht in den Kampf. Ob Erkältung, Verletzungen, Alkohol - besonders die Hände und die Augen gäben ihr Hinweise auf mögliche Symptome, sagt Appold.

Während der Kämpfe sitzt sie in einer der beiden weißen Ecken, darf allerdings nicht eingreifen - da hat der Ringrichter das absolute Hausrecht. Auch in den Pausen darf sie die Kämpfer nicht behandeln. Kann der Trainer das Problem nicht selbst lösen, ist der Kampf sofort zu Ende. Auch wenn Boxen oft brutal wirkt: Die medizinische Betreuung und Überwachung ist in kaum einer Sportart so umfassend. Dass Boxen auf Dauer zu Schäden im Gehirn führen kann, weiß Ulrike Appold.

Das betreffe vor allem Profis. Ohne Kopfschutz kämpfen im Amateurbereich, beim olympischen Boxen, nur erwachsene Männer. Alle anderen grundsätzlich mit ihm. Wer seine Deckung vernachlässigt, werde vom Kampfrichter ermahnt. Und Schläge auf empfindliche Stellen sind entweder verboten oder bringen keine Punkte. „Hände und Kopf sind am meisten gefährdet, aber es gibt erstaunlich wenig Verletzungen“, so Appold. Handball sei „dagegen ein brutaler Sport“.

Das Hufeland-Klinikum, an dem sich die Ärztin auch sehr wohl fühlt, unterstützt seine Angestellte bei der ehrenamtlichen Tätigkeit am Ring, und gewährt ihr auch mal eine Freistellung. Nach Bulgarien fährt sie mit 16 jungen Leuten im Alter von 17 bis 19 Jahren. Erstmals sind dabei Frauen und Männer in einem gemeinsamen Nationalteam im Wettkampf.

Keine Mittel verwenden, die auf langer Doping-Liste stehen

Ihr erster internationaler Einsatz ist „eine Ehre für mich“. Viel Freizeit werde es in Sofia für das ganze Team wohl nicht geben: „Früh ist Training und dann gibt es den ganzen Tag Kämpfe.“ Und auch „hausärztlicher Einsatz“ sei möglich, etwa bei Durchfall oder Erkältungen.

Wichtig sei, keine Mittel zu verwenden, deren Bestandteile auf der langen Doping-Liste stehen - dafür gebe es inzwischen eine App. Ohnehin behalte sie dieses Thema stets im Auge, sagt die Ringärztin

Nur gegen Lampenfieber bei den Sportlern gibt es kein Mittel. Ein bisschen aufgeregt sei auch sie selbst schon, sagt Ulrike Appold. „Die Arbeit am Ring kenne ich ja“, aber es sei eben doch eine Premiere. Vielleicht kommt sie mit dem Einsatz in Sofia auch einem Wunschtraum näher: Ringärztin zu sein bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio.