Bollstedt. Ortsbürgermeister Thomas Ahke zur überraschenden Auszeichnung beim bundesweiten Zukunftswettbewerb der Dörfer.

Ein Quartett stand an der Spitze des Bollstedter Kampfes um die Goldmedaille im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“: Thomas Ahke, Jahrgang 1970, der aktuelle Ortsteilbürgermeister und Vorsitzende des Landschafts- und Pflegevereins, sein Amtsvorgänger Hagen Lindner, Hans-Martin Menge, bis Ende 2018 Bürgermeister von Weinbergen (alle parteilos), und Ingolf Jaritz als Vertreter des Sport- und des Spielplatzvereins. Am Donnerstag vergangener Woche wurde das Dorf als einer von bundesweit acht Goldmedaillen-Gewinnern bekannt gegeben (unsere Zeitung am 12. Juli). Wir sprachen mit Thomas Ahke über den Wettbewerb und die Zukunft von Bollstedt.

Was macht Bollstedt aus?

Verschiedenes. Ich mache es immer am Beispiel unseres Kirchhofes fest, der der Schulplatz war, auch zu den Zeiten, als ich in Bollstedt in die Schule ging. Es war ein Schlackeplatz – über Jahrzehnte. Die Kommune hat gesagt: Der Platz gehört uns nicht. Die Kirche, der Eigentümer, hat ihn nicht genutzt. Letztlich ist es uns gelungen, über „Leader“, ein Förderprogramm für den ländlichen Raum, Fördermittel aufzutreiben. Den Eigenanteil haben sich dann die politische Gemeinde, die Kirchgemeinde und der Landschafts- und Pflegeverein geteilt. Das hätte anfangs niemand für möglich gehalten.

Rang 3 im Regionalwettbewerb 2017, Rang 2 im Landeswettbewerb 2018, nun Platz 1 im Bundeswettbewerb – woher kommt der Höhenflug?

Wir haben unser Konzept überarbeitet. Im Regionalwettbewerb war es der damalige Weinbergen-Bürgermeister Hans-Martin Menge, der in der Hauptsache das Dorf vorgestellt hat. Damals hat uns die Jury gesagt: Wenn Ihr weiterkommen wollt, dann müsst Ihr die Akteure zeigen lassen, was in ihrem Dorf passiert. Das haben wir gemacht. Zum Bundesfinale waren 60 Mann aktiv, die an insgesamt elf Stationen gezeigt haben, wie sie für ihr Dorf brennen. Am Ende hatte die Jury ein Bild davon, wie der Alltag in Bollstedt abläuft und wie sich die Bollstedter mit Herzblut einbringen.

Wie funktioniert denn der Alltag in Bollstedt?

Nur durch einen intakten Dreiklang. Indem es ein paar Leute gibt, die Ideen haben, fast Unmögliches schaffen wollen, ein paar Spinner mit Visionen. Die brauchen eine politische Verwaltung und einen Gemeinderat, die sich begeistern lassen. Und es braucht im Ort Unternehmer, die die Ideen mit Geld oder Technik und Material unterstützen.

Wie sehr waren die Bollstedter vom Abschneiden im Bundesfinale überrascht?

Wir hatten schon immer mal gefrotzelt, dass nach dem dritten und dem zweiten Platz nun nur noch der Sieg übrig ist. Und Ingolf Jaritz war als Sportler der Meinung: Wenn ich antrete, will ich auch gewinnen. Am Ende aber waren wir alle total überrascht und euphorisiert.

Irgendwas muss Ihnen doch einfallen, wo es nicht 100-prozentig so läuft, wie Sie es sich erträumen?

Vielleicht unser Vereinshaus. Das haben wir 2012 mit ganz viel Engagement angefangen zu sanieren, mit beispiellosem Einsatz vieler Bollstedter. Inzwischen ist es so wie bei einem Marathonlauf: Auf den Schlusskilometern geht manchem die Kraft aus. Wir müssen noch den Parkplatz fertig bekommen. Ich hoffe, wir finden genügend Mitstreiter, um das an diesem Wochenende zu schaffen.

Es gab neben der Goldmedaille 15.000 Euro Preisgeld. Wofür wollen Sie das ausgeben?

Wahrscheinlich für unseren Anger. Da müssen die Wege neu gestaltet werden, und wir wollen den Anger-Charakter stärker hervorheben. Im kommenden Jahr wollen wir mal ein Projekt schreiben lassen und schauen, was das kosten würde. Das Preisgeld soll zur Co-Finanzierung von neuen Projekten genutzt werden.

Und die 640 Euro vom Versteigern der drei Ortsschilder (unsere Zeitung am 18. Juli), wofür sind die gedacht?

Wir wollen unsere Willkommenstafeln erneuern und an den Ortseingängen aus Richtung Görmar und aus Richtung Höngeda auf unseren Erfolg beim Zukunftswettbewerb hinweisen. Dass so viel Geld zusammenkommt, hätten wir nicht geglaubt. Auch das ist ein Ergebnis der Wettbewerbs-Euphorie.

Warum ist Bollstedt zukunftsträchtig?

Wir haben alles: eine funktionierende Dorfgemeinschaft, einen Ort, in dem ein Haus nie lange leer steht, Vereine, die mit Herzblut ihr Hobby pflegen, einen Kindergarten. Gut, die Schule haben wir damals in den 1990ern, mit Gründung der Gemeinde Weinbergen, an Seebach verloren. Aber damit haben wir uns arrangiert. Wenn die Ortsumgehung von Höngeda kommt, ist Bollstedt kein Dorf mehr mit einer Durchfahrtsstraße, und es lebt sich noch ruhiger.

Hat sich etwas verändert, nun, da Bollstedt seit 1. Januar zu Mühlhausen gehört?

Die Bollstedter waren als Teil der Gemeinde Weinbergen Bollstedter und sie werden als Teil der Stadt Mühlhausen Bollstedter bleiben.