Mühlhausen. Jugendliche des evangelischen Schulzentrums bereiten die Kirchennacht vor. Eine Woche lang befassen sie sich dafür mit dem Leben in der DDR.

Was verbindet ihr mit der DDR? Wofür stehen die drei Buchstaben? Wie unterscheiden sich die Verfassung der DDR und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland?

Fragen wie diesen gingen am Dienstagvormittag Neuntklässler aus der Regelschule und dem Gymnasium des evangelischen Schulzentrums nach. Zu Gast war Peter Wurschi. Der Politikwissenschaftler ist der amtierende Thüringer Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die Gesprächsrunde war Teil der Vorbereitung der Neuntklässler auf die Kirchennacht (Church Night), die am Donnerstag gefeiert wird.

Die Church Night feiert den Reformationstag – seit einigen Jahren auch in Mühlhausen. Nicht als Geschichte von damals, sondern mit dem Blick nach vorn und soll jungen Menschen Raum geben, damit Kirche auch für die nächste Generation relevant bleibt. „Bitte wenden“ heißt der Titel der diesjährigen Church Night am evangelischen Schulzentrum und greift dabei die Erinnerung an die Wende von 1989 auf.

Was für Erwachsene ein politisch-geschichtlich relevantes Thema ist, das findet bei den Jugendlichen kaum noch Beachtung. Es ist einfach schon viel zu lange her. Die Schüler der neunten Klassen sind erst 2004 oder 2005 geboren.

Der Fünfjahrplan und die GST

Die Schüler beschäftigen sich eine Woche lang mit der Wende – mit Geschichten aus der Geschichte und Zeitzeugengesprächen, mit aktueller politischer Diskussion und der Frage: „Wie wollen wir leben? Was sind unsere Visionen für die Zukunft?“

Dazu kamen sie mit Fachleuten ins Gespräch. Der charismatische Pfarrer Lothar König aus Jena war an seinem letzten Arbeitstag vor dem Ruhestand – zugleich dem Beginn der Church-Night-Vorbereitung – an der Schule in der Mühlhäuser Friedensstraße zu Gast. Astrid Rothe-Beinlich, die für die Grünen im Thüringer Landtag sitzt, kam am Montag mitten im Wahlkampf – und am Dienstag war es schließlich Peter Wurschi. Er fragte nach den Assoziationen der Schüler mit dem Begriff DDR. Sie waren mit Abkürzungen und Kurzwörtern verbunden: SED, GST, Stasi, aber auch der Begriff des Fünfjahrplanes fiel. Es ging um den Führungsanspruch der Partei und die nicht existierende Gewaltenteilung, um den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur. „Die eine DDR gab es nicht. Die Ausprägungen in den 1950er/1960ern waren verschiedenen zu den 70er- und 80er-Jahren“, erklärte Wurschi.

Bis Donnerstag verleihen die Jungen und Mädchen in Kleingruppen ihren Fragen, Gedanken und Visionen einen künstlerischen Ausdruck. Entstehen können Theaterszenen, Tanzperformance, Poetry Slam, Gesang und Musik, Skulpturen, Videoinstallationen, Fotocollagen und Essen. Begleitet werden sie dabei von elf Erwachsenen: Lehrern des Schulzentrums, Pfarrer, Gemeindepädagogen und von Künstlern aus Mühlhausen und Umgebung.

Die Church Night beginnt am Donnerstag, 24. Oktober, 18 Uhr, in der Kirche Divi Blasii