Friedemann Mertin arbeitete unter Extrembedingungen.

Es gibt Reporter, die berichten regelmäßig aus Krisengebieten, aus autoritären Ländern, sie schicken unter widrigsten Bedingungen ihre Nachrichten ab. Sie riskieren ihr Leben, trotzen der Wildnis. Das verlangt Respekt und Demut.

In unserer Redaktion ist am Montag die Heizung ausgefallen. Während manches Rathaus bei Havarien gleich ganz die Türen schließt, haben wir uns durchgebissen. In ehernem Pflichtbewusstsein trotzten wir der brutalen Temperatur von 15 Grad Celsius, massierten die klammen Hände, wischten das Kondensat von den Monitoren und zwangen uns zum Weitermachen.

Zumindest der Hälfte des Teams erging es so. Denn nur die Hausseite zum Steinweg war kaltgestellt. Jene Kollegen, die ihre Büros hinten haben, saßen mollig im Warmen. Es war eine Zwei-Klassen-Redaktion. Hier die Hartgesottenen, die den Unbilden des Klimas ins Gesicht lachten, dort die Warmduscher, die Schattenparker, die Süßfrühstücker in ihren geheizten Stuben.

An einem Ort aber waren wir alle gleich, dort galten keine Standesgrenzen: Die Toilette – exakt in der Mitte des Redaktionsgebäudes – war schön warm. Manch einer mag gestern überlegt haben, wichtige Telefonate direkt ans stille Örtchen zu verlegen. Das muss man dem Gesprächspartner ja nicht auf die Nase binden.