Eisenach. In Eisenach wird am Donnerstag das Achava-Festival eröffnet. 20 Veranstaltungen zur jüdischen Kultur werden an vier Tagen allein in der Wartburgstadt angeboten.

Achava ist Hebräisch und bedeutet Brüderlichkeit. Es ist ein Schlüsselwort dafür, warum es in Thüringen seit 2015 ein gleichnamiges Festival zur jüdischen Kultur gibt, das deren Leiter Martin Kranz seitdem verantwortet. Die Festspiele sollen ein wichtiges Zeichen für Toleranz und Dialog setzen, gerade in einer Zeit, in der es neue, auch aufgeflammte Spannungen zwischen Kulturen und Religionen gibt. In diesem Jahr sind die Festspiele erstmalig neben Erfurt schwerpunktmäßig auch in Eisenach, wo sie mit einem viertägigen Programm beginnen, sowie in Weimar, wo sie eine Woche lang stattfinden.

Die Eisenacherin Alexandra Husemeyer hatte bereits vor Monaten den Kontakt zu Achava-Intendant Martin Kranz geknüpft, weil sie eine Begleitveranstaltung zur neuen Ausstellung des Lutherhauses zur Geschichte des kirchlichen Entjudungsinstitutes suchte, das während der Nazi-Zeit in Eisenach bestanden hatte. Eine Veranstaltung, die zeigen sollte, dass es immer noch lebendiges jüdisches Leben und jüdische Kultur gibt. Und dass es auch in Eisenach eine bis ins Mittelalter reichende jüdische Geschichte gegeben hat.

Aus der anfänglichen Idee, mit einem Konzert die Eröffnung der neuen Lutherhaus-Ausstellung zu begleiten, entstanden am Ende 20 Veranstaltungen innerhalb von vier Tagen in Eisenach. Wie engagiert vier Partner gemeinsam so ein Programm in Eisenach auf die Beine stellten, das hatte Kranz bisher nie erlebt. Neben dem Lutherhaus entwarfen die Stadt, der Verein Achava und der evangelische-lutherische Kirchenkreis dieses Eröffnungswochenende.

Auch für Husemeyer war es Neuland, als Kulturmanagerin so ein großes Projekt auf die Beine zu stellen. Doch die Eisenacherin, die viele vom Kunstverein und als Museumspädagogin des Lutherhauses kennen, die als Stadtführerin unterwegs ist, ist sehr vernetzt. So sind auch die Programmpunkte bunt, vielfältig und ganz verschieden – ob interreligiöser Dialog im Begegnungszelt, ein jüdischer DJ oder jüdisches Essen, ob Kunstprojekte oder Konzerte – all das soll dem Kennenlernen und dem Vermitteln jüdischer Traditionen dienen, aber auch helfen, Angst abzubauen vor Unbekanntem. „Über ein Jahr lang haben wir daran gearbeitet. Ich bin gespannt, wie den Gästen der Mix aus Kunst und Musik, Diskussion und Information, Religion und Kultur, Genuss und Lebenslust gefällt“, hofft die Mitorganisatorin auf Besucher.

Schabbat, Schulprojekte und eine Gedenkecke

Einer der Höhepunkte ist ein Schabbat-Abend am Freitag mit festlichem Kiddusch, den Assaf Levitim und der Stiefsohn von Eisenachs Ehrenbürgerin Avital Ben-Chorin, Tovia Ben-Chorin, gestalten. Es sind aber nicht nur Veranstaltungen, die Husemeyer auf den Weg gebracht hat, sondern auch diverse Schulprojekte in der Stadt.

Im Martin-Luther-Gymnasium zeichnete eine 6. Klasse, die im Religionsunterricht das Judentum behandelt, Stillleben von koscherem Essen. Eine 11. Klasse gestaltete Collagen zum Thema Antisemitismus. Die Stillleben werden im Festzelt über einem Büfett hängen.

Im Elisabeth-Gymnasium Eisenach entstand im Rahmen eines Graffiti-Seminars ein tolles Bild von Avital Ben-Chorin, wie diese auf einem Schiff ins Gelobte Land fährt. In der Oststadtschule beschäftigten sich Kinder mit dem jüdischen Purimfest, ein Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora erinnert.

In der Goetheschule wird am Donnerstag eine Gedenkecke für Eisenachs Ehrenbürgerin Avital Ben Chorin eingeweiht. Vor ihrer Vertreibung durch die Nazis war sie Schülerin an dieser Eisenacher Schule gewesen, damals trug sie den Namen Erika Fackenheim. Tochter Ariela Kimchi hatte der Stadt vor wenigen Wochen den Nachlass ihrer verstorbenen Mutter übergeben. Auch sie ist Gast bei Achava – diesmal in Eisenach.