Eisenach. Die Zauberinnen: Ein Appell an alle Menschen, nicht in Schubladen zu denken

Die Welt teilt sich im Moment nicht nur in links oder rechts, sondern in jene, die sich für normal halten und die anderen, die an etwas leiden und denken, sie müssten daran nicht leiden, wenn sie für ihr Leiden mehr Respekt erführen. Im Moment kommt es mir so vor, als seien besonders viele Hochsensible, mich eingeschlossen.

Oder ist es nur eine Phase? Man macht sich angreifbar, weil man es zulässt-andere hingegen lässt das kalt. All die neuen psychischen Krankheitsbilder, die ja eigentlich nur sagen – es gibt solche und solche, hatten vielleicht einen guten Ansatz: Menschen, die meinen, nicht der Norm zu entsprechen, es leichter zu machen, mit dem, was der eine oder andere als unnormal empfinden mag, zurechtzukommen. Sich zu verstehen, zu erklären, seinen Frieden mit sich zu machen.

Warum müssen wir kategorisiert werden? Warum werden wir in Schubladen gesteckt? Weil uns das System es uns so zeigt und die Hollywoodfilme es uns vormachen? Eigentlich sind wir doch alle total in Ordnung, solange sie nicht bewusst anderen schaden wollen. Du bist in Ordnung, so wie du aussiehst. Ob du schweigst oder schimpfst, ob du das Gefühl hast, alle starren dich an, ob du extrem schüchtern, schweigsam, unkonzentriert bist.

Gibt es denn normale Menschen? Ich denke das liegt im Auge des Betrachters. Es gibt nur eine gesellschaftliche Verabredung, wie sich ein korrekter Mensch zu verhalten habe, durch sozialen Druck, der Werbung und aus den Medien. Der normale, also nicht existierende Mensch, der versucht, einem Bild zu entsprechen, Anforderungen aller zu erfüllen, um gemocht und akzeptiert zu werden, ist eher einer der unsympathischen Mitmenschen. Er spricht nicht in Originaltönen, er zieht an, was unauffällig ist und gut zu reinigen. So.

Wir sehen uns eben anders, als andere uns sehen und da kommt es zum Eklat. Denn warum bleiben wir nicht bei uns, reflektieren das, was uns Nahestehende sagen und nicht irgendjemand? Was ist zum Beispiel mit dem Alkoholverzicht falsch? Alkohol ist zwar gesellschaftlich anerkannt, aber nicht gut, das weiß nun jeder. Was ist mit der Entscheidung keine Kinder zu wollen falsch oder sich einfach dafür zu entscheiden kein Fleisch zu essen. Warum wird das verurteilt und warum sind Vorurteile okay?

Das Elend beginnt, wenn sich Einzelne über andere erheben, wenn sie besonderen Respekt einfordern, wenn sie sich für wichtiger erachten und einzigartig. Wir mögen uns scheinbar weniger denn je. Was vielleicht damit zusammenhängt, dass jeder sein Schicksal als Maßstab anlegt. Dass jeder, der in einer heterosexuellen Beziehung mit sieben Kindern lebt, meint, das müsse das Modell sein, das bei allen zum Status Quo wird, dass jeder, der außer seinem Herkunftsort nichts findet, auf das er stolz sein kann. Menschen, die nicht wie er sind, absolut in Ruhe zu lassen. Das wird wohl nie was.

Carolinde Müller-Wolf aus Eisenach hat einen Blog im Internet: Die Zauberer von Ost. An dieser Stelle in der Lokalausgabe schreiben sie sowie Stefanie und Susanne Krauß eine wöchentliche Zeitungskolumne, angelehnt an den Blog, über die schönen Dinge des Lebens in Eisenach.