Mühlhausen/Gera/Apolda. Im Busprozess gegen Ex-Geschäftsführer der Nahverkehrsbetriebe des Weimarer Landes und Gera/Landkreis Greiz wirft die Kammer den ursprünglichen Plan über den Haufen und zieht den Ärger von Staatsanwaltschaft und Verteidigern auf sich.

In neun Monaten Hauptverfahren erleben die Prozessbeteiligten so einige Kuriositäten am Landgericht Mühlhausen.

Einige Beispiele gefällig? Der Gerichtssaal liegt in einer Gaststätte. Duft von Gebratenem erfüllt immer wieder den Aufgang zu dem Gerichtssaal. Der diente, nun zum Teil, früher als Veranstaltungsräumlichkeit in Mühlhausen – und scheint auch deshalb ob seiner Akustik bis heute für Gerichtsverhandlungen ungeeignet. Zumal die Kammer um den Vorsitzenden Albrecht Spitzer, aber auch die Angeklagten und der Staatsanwalt, immer wieder deutliche Probleme mit der Technik haben – die besteht eigentlich nur darin, dass man sich dazu zwingen muss, vor dem Sprechen nicht nur den Kopf sondern eben hier auch das Mikrofon einzuschalten.

So kommt es dazu, dass die ohnehin spärlich vertretene Öffentlichkeit meist wenig mitbekommt von dem, was hier verhandelt wird. Neun Monate geht das in dem Verfahren schon so.

Nun sollte gestern endlich der Weg auf die Zielgerade angetreten werden. Angeklagt sind die zwei ehemaligen Geschäftsführer von Nahverkehrsunternehmen. Jonas H. lenkte die Geschicke der Verkehrsbetriebe des Weimarer Landes, Andreas R. hatte das Pendant in Gera und im Landkreis Greiz unter sich.

Daneben sitzen Roland N. sowie Mehmet G. auf der Anklagebank, die an den dubiosen Busgeschäften beteiligt waren. Die liefen immer so ab: Ein Nahverkehrsbetrieb orderte einen Bus über den Vermittler N. Für den Bus wurde Sonderausstattung bezahlt, die aber nicht eingebaut war – das zu viel bezahlte Geld teilten die Herren unter sich auf.

Plötzlich wieder mehr Straftaten

In mühevoller Kleinarbeit hat die Wirtschaftsstrafkammer diese zahlreichen Fälle in den vergangenen Monaten auseinandergenommen. Jetzt aber, da alle Beteiligten vom Staatsanwalt bis zu den Verteidigern der vier Angeklagten sich auf die Schlussvorträge eingestellt hatten, stellte die Kammer fest, dass aus einigen tateinheitlichen nun tatmehrheitliche Strafen werden müssten. Das würde bedeuten, dass noch einmal mehr Straftaten bei der rechtlichen Bewertung eine Rolle spielen, als das bisher der Fall ist.

Richter Spitzer, wie fast immer schlecht ob der miserabelen Akustik zu vernehmen, regte deshalb an, dass man berate und dann eben erst im Juli plädiere. Ganz abgesehen davon: In mehreren Rechtsgesprächen kamen die Prozessbeteiligten ohnehin zu Vereinbarungen über Strafrahmen. Die Abreden könnten auch mit den neuen Umständen eingehalten werden, heißt es vom Vorsitzenden der Kammer. So fügt dann also Oberstaatsanwalt Joachim Becker den vielen Kuriositäten dieses Prozesses eine weitere hinzu – er fordert die Kammer auf, ihre Arbeit schneller zu erledigen. „Der Tag ist noch jung, möge die Kammer doch beraten und wir setzen danach fort“, sagt er sichtlich verärgert darüber, dass die Zielgerade nicht erreicht werden kann. Auch einige Verteidiger zeigen sich zumindest verwundert darüber, dass diesmal wieder keine Plädoyers gehalten werden können.

Denn trotz Beratungspause bleibt es dabei: Die Kammer beendet die Verhandlung nach zwei Stunden, lässt die Plädoyers platzen und verschiebt auf den Juli – um dann, so sieht es der Plan vor, schon einen Tag später das Urteil zu sprechen.

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