Goldisthal. „Ereignis im Tunnel“, mit diese Worten wurden gegen 9 Uhr rund 1000 Einsatzkräfte in Thüringen alarmiert. Rund um den Tunnel Fleckberg (Kreis Saalfeld-Rudolstadt) kann es zu Behinderungen auf den Straßen durch Einsatzfahrzeuge oder durch Rettungswagen kommen.

14 Tunnelbasiseinheiten bestehend aus mehr als 50 Feuerwehren, 25 Einheiten sämtlicher Hilfsorganisationen aus elf Thüringer Kreisen und kreisfreien Städten, Notfallseelsorger und Kriseninterventionsteams, THW-Einheiten aus Rudolstadt, Erfurt, Gotha, Apolda, Suhl und Sonneberg rücken seither aus. Außerdem beteiligen sich etwa 100 Eisatzkräfte der Bundes- und Landespolizei unter anderem mit mehreren Hubschraubern an der Übung. Hinzu kommen noch ein ADAC-Rettungshubschrauber und insgesamt elf Kliniken im Thüringen.

Rund um den Tunnel „Fleckberg“ (Kreis Saalfeld-Rudolstadt) kann es zu Behinderungen auf den Straßen durch Einsatzfahrzeuge oder durch Rettungswagen kommen, die Verletzte in Kliniken fahren.

Feuerwehrleute legen ihre Atemschutzmasken an. Foto: Kai Mudra
Feuerwehrleute legen ihre Atemschutzmasken an. Foto: Kai Mudra © Kai Mudra

Im 1,5 Kilometer langen ICE-Tunnel „Fleckberg“ soll ein ICE nach einem Nothalt stehen geblieben sein, weil einer der mittleren Wagen brennt. Die Einsatzkräfte müssen etwa 300 Reisende, die selber gehen können, aus dem Tunnel geleiten. Zudem sind etwa 60 Schwerverletzte zu retten. Und die Feuerwehrleute haben natürlich auch die Aufgabe, den brennenden Zug zu löschen und das Einstürzen der Tunnelkonstruktion durch Überhitzen zu verhindern.

All diese Aufgaben müssen sie mit Atemschutz erledigen, was ihnen im verqualmten Tunnel extrem viel abverlangt. Auch die Einsatztaktik weicht vom normalen Hausbrand ab. Zuerst erfolgt die Erkundung des Unglücksortes, ohne dass bereits Verletzten geborgen werden. Anschließend beginnen nachrückende Feuerwehrleute mit dem Löschen, um die Stabilität des Tunnels zu erhalten. Erst jetzt erfolgt das Bergen der Verletzen Reisenden aus dem ICE und dem Tunnel.

Das geplante Übungsdrehbuch sollte in der Realität so nicht vorkommen. Der Lokführer im ICE hat die Möglichkeit, eine gezogene Notbremse so lange zu überbrücken, bis sein Zug das Ende eines Tunnels erreicht hat, um auf freier Strecke zum Stehen zu kommen. Trotzdem wird das Extremszenario geübt, weil sich so alle Abläufe realistisch trainieren lassen.

Das gilt auch für die Art und Schwere der angenommenen Verletzungen bei den meisten Passagieren, die so während eines Feuers nicht vorkommen würden. Weil aber das Zusammenspiel, Rettung, Erstversorgung unmittelbar vor dem Tunnel und das anschließende Verlegen in eine Klinik bis hin zur Not-OP erprobt werden soll, wird auch hier von einem Extremzustand ausgegangen. Dieser könnte aber beispielsweise nach einer Katastrophe wie einem Flugzeugabsturz oder einem Terroranschlag eintreten und wird deshalb auch geübt.

Die beteiligten elf Kliniken befinden sich in Bad Berka, in Blankenhain, Bad Liebenstein, Mühlhausen, Sonneberg, Weimar, Saalfeld, Ilmenau und Suhl. Erstmals wird auch das Bergen von Toten und das Betreuen und Benachrichtigen in einen Übungsablauf integriert. Reisende und Verletze werden von Bundespolizisten und DRK-Mitgliedern gespielt und sind täuschend echt geschminkt. Um realistisch zu sein, müssen Einsatzkräfte beispielsweise auch darauf achten, dass sich traumatisierte Personen nicht entlang der Bahnstrecke verlaufen und erst lange Zeit später entkräftet oder gar tot aufgefunden werden.

Das Landekriminalamt (LKA) sieht in der Rettungsübung zugleich eine „Belastungsprobe“ für das Thüringer BOS-Behördenfunknetz. Sämtliche Einsatzkräfte kommunizieren inzwischen digital. Der komplette Funkverkehr samt Datenübermittlung läuft damit über dieses Netz. Das LKA hat IT-Experten vor Ort, um die technischen Voraussetzungen sicherzustellen und den Ablauf zu überwachen.

Der geübte Großeinsatz soll gegen 18 beendet sein. Das Thüringer Innenministerium erwartet zahlreiche Beobachter aus Sicherheits-, Katastrophenschutz- und Zivilschutzbehörden sowie von der Bahn. Das für die 107 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitstrasse erarbeitete einheitliche Sicherheitskonzept ist einmalig in Europa. Alle darin einbezogenen Feuerwehrleute aus Thüringen und Bayern sind mit einheitlicher Technik ausgerüstet worden und haben bereits mehrfach ihr Zusammengehen trainiert.

Fakten zur ICE-Strecke:

Hochgeschwindigkeitstrasse Erfurt – Ebensfeld (Bayern):

  • Länge: 107 Kilometer
  • Thüringen: 75 Kilometer
  • Bayern: 32 Kilometer
  • Zulässige Höchstgeschwindigkeit für ICE: 300 Kilometer je Stunde

Bücken (insgesamt): 30

  • Thüringen: 19 - Gesamtlänge: 8 Kilometer
  • Bayern: 11 - Gesamtlänge: 4 Kilometer

Tunnel (insgesamt) 22

  • Thüringen: 14 - Gesamtlänge 28 Kilometer
  • Bayern: 8 - Gesamtlänge: 13 Kilometer
  • Tunnelausgänge (insgesamt) 78
  • Thüringen: 53
  • Bayern: 25

Rettungsplätze (insgesamt) 61

  • Thüringen 36
  • Bayern 25

Feuerwehr

  • Tunnelbasiseinheiten (insgesamt): 27
  • Thüringen: 18
  • Bayern: 9
  • Anzahl der Einsatzkräfte jeweils: 21