Auf den Spuren von Vertragsarbeit in Weimar

Marvin Reinhart
| Lesedauer: 2 Minuten
Die Ausstellung „Traces of Migration“ in der KET-Halle in Weimar (v.l.): Anne-Fleur Ising, Ausstellungsdesign, Produktionsleiterin Josepha Kirchner sowie Layouterin Luisa Viveca.

Die Ausstellung „Traces of Migration“ in der KET-Halle in Weimar (v.l.): Anne-Fleur Ising, Ausstellungsdesign, Produktionsleiterin Josepha Kirchner sowie Layouterin Luisa Viveca.

Foto: Marvin Reinhart

Weimar.  Ausstellung „Traces of Migration“ in KET-Halle in Weimar lässt ostdeutsche Migrationsgeschichten sichtbar werden.

Ein Blick in die gigantische Industriebrache in Weimars Norden ist ein Augenöffner, keine Frage. Noch heute zeugen Stahl und Beton von der einstmaligen Nutzung der KET-Halle – als Teil des 1898 gegründeten Weimar-Werks, später als Musterbetrieb der nationalsozialistischen Gustloff-Werke und ab 1952 als Produktionsstätte von Landwirtschaftsmaschinen, zu DDR-Zeiten überführt in einen Volkseigenen Betrieb. Dieser Tage gewähren hinter den alten Mauern Fotos in Leinwandgröße ganz besondere Einblicke in eine Historie, die Stahlträger, Beton und skelettierte Technik so nicht preisgeben.

Die Ausstellung „Traces of Migration“, für die federführend die Studentin Josepha Kirchner und ihr achtköpfiges Team verantwortlich zeichnen, hat zum Ziel, ostdeutsche Migrationsgeschichten sichtbar zu machen. Im Fokus stehen dabei Alltagsgeschichten ehemaliger sogenannter Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter, die zwischen den 1960er Jahren und 1980er Jahren angeworben wurden, um den Arbeitskräftemangel in der DDR-Wirtschaft zu beheben. Auch am Volkseigenen Betrieb Weimar-Werk habe es diese Form der Arbeitsmigration gegeben.

Der Inhalt der Ausstellung ist Gegenstand der Master-Arbeit von Josepha Kirchner, die an der Bauhaus-Universität Urbanistik studiert. „Mir ging es darum, einer marginalisierten Gruppe in der DDR-Gesellschaft Aufmerksamkeit zu widmen“, sagt sie. Ausgehend von aktuellen rechtsextremen Tendenzen in Thüringen stelle sie sich die Frage, ob sich gewisse Dinge damals schon abgezeichnet hätten. Endgültig beantworten ließe sich diese Frage nur schwer. „Rassismus gab es auch schon vor der DDR“, sagt sie. Die Ungleichbehandlung von Vertragsarbeitern in der DDR ist nur ein Teil einer traurigen Kontinuität.

Für die Recherche hat die Studentin nicht nur Archivarbeit betrieben, sondern kam auch mit Zeitzeugen ins Gespräch. Im Mittelpunkt stehen dabei Jószef Koppi aus Ungarn, der zwischen 1969 und 1972 in der Endmontage von Kartoffelerntemaschinen gearbeitet hat und Francisco Pedro Duave aus Mosambik, von 1981 bis 1989 am Weimar-Werk beschäftigt. Anhand der Erzählungen werden in der Ausstellung die Lebensbedingungen der Arbeitsmigranten multimedial wiedergegeben. Durch Plakate werden die Berichte eingeordnet. Fotografien von Anselm Graubner, der als Fotograf im Auftrag der Thüringischen Landeszeitung 1990 in die Werkshalle und das Wohnheim kam, geben zudem einen direkten Einblick in die Arbeits- und Wohnwelt der Menschen.

Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 18. Dezember, 10 bis 15 Uhr