Leichtathletik: Alles, was es braucht, ist Leidenschaft.

Alles, was es braucht, ist Leidenschaft. „Wenn man Leidenschaft hat, bemerkt man auch nicht die Mühen“, sagt Artur Schmidt. Freilich seien fünf Stunden Heimreise im Auto kein Pappenstiel. „Aber nach ein, zwei Saunadurchgängen und ein, zwei Kölsch bin ich morgen früh um sieben wieder fit“, fügt der 74-Jährige an. Schon zum 19. Mal moderiert der Rheinländer das bunte Treiben des Weimarer Stadtlaufes. Freundschaften seien in dieser Zeit viele entstanden. Und außerdem: Dieser Lauf, bemerkt es Schmidt, der übe eine besondere Faszination aus.

Wo er Recht hat, nun ja, da hat er Recht: Fast 1600 Läufer tummeln sich kurz vor eins am Samstagmittag am Goetheplatz; ganz vorn diejenigen, die sich 22 Kilometer durch die Straßen und den Park quälen wollen. Nicht fehlen dürfen dabei die Triathleten der Stadt, die im Sommer gar in der Ersten Bundesliga am Start waren. Aljoscha Willgosch vornweg, Theo Sonnenberg mittendrin – und auf dem Rad als Zuschauer: Henry Beck, der sich nach seiner Verletzung noch an seine Form herankämpft. Willgosch wird Dritter, braucht 1:24,18 Stunden für die vier Runden. Ungeplant, sagt Willgosch, sei diese Platzierung gewesen. „Ich war am Morgen in Apolda schon 4,6 Kilometer Schwimmen. Den Lauf in Weimar nutzte ich als Tempowechsellauf in Vorbereitung auf meinen Ironman 70.3 in zwei Wochen in Marrakesch“, erzählt der Weimarer.

Dass es nun trotzdem zum Podium gereicht hat, freut ihn umso mehr: „So bin ich nun um einen Zwiebelzopf reicher“, sagt er. An den Sieger, Semir Nasser, der im Trikot des Sächsischen Hofes aus Weimar an den Start ging, sei sowieso kein Herankommen gewesen. Diese 1:10,16 Stunden seien „außerirdisch gut“ gewesen, wie es Willgosch betont. „Nicht mal unter normalen Umständen wäre das zu packen gewesen“, sagt er. Er staune ob dieser Zeit, bedenke man, dass die Strecke von Menschen gesäumt war.

Wahrhaftig: Das Drumherum, das Fluidum dieses Laufes ist einzigartig. Das findet auch Artur Schmidt, der schon am Samstagmorgen unermüdlich die flinken Kinder wortgewandt begleitet hat. Diese Routine bekommt man mit den Jahren, wie er erzählt. „Ich moderiere jeden Marathon außer Hamburg“, sagt Schmidt, der selbst nicht nur übers Laufen redet, sondern tagtäglich Sport treibt. „Ich schwimme viel, stemme ein paar Gewichte, Gymnastik.“ Das hält jung und munter – und auch fit fürs Mikrofon. Nach Weimar komme er besonders gern. „Ich moderiere Veranstaltungen, da geht es um Leistung, um Geld. Weimar hat dagegen etwas Ursprüngliches. Es ist ein Volkslauf für die ganze Familie. Angefangen von den Kindern und Schülern bis hin zu den 86-Jährigen“, erzählt Schmidt. Er genieße diese Atmosphäre – und würde dem Lauf in Weimar wohl nie den Rücken kehren. „Ich mache 40 Veranstaltungen im Jahr, bin so fast jedes Wochenende unterwegs. Da schaue ich auch auf die Organisatoren, wie hier beispielsweise die Familie Timmler“, sagt er. Das seien sie, die Freundschaften, die entstanden sind, die man nicht missen möchte. Man habe verabredet, dass man nun von Jahr zu Jahr schaue – eines sei aber felsenfest sicher: 2020, zur 30. Auflage des Stadtlaufes, wird Artur Schmidt wieder moderieren.

Motivierende Worte findet er immer – natürlich auch für das Gros der Volksläufer, das sich auf die Elf-Kilometer-Strecke macht. Eine große Gruppe bilden die Weimarer Basketballerinnen und Freunde – 18 Läufer, die für die 2014 in Weimar gegründete Reginald-Brooks-Foundation rennen. „Die Stiftung realisiert zur Zeit kleinere Projekte in Malawi und Südamerika“, erzählt Mitläufer Hagen Schmidt. In auffälligen schneeweißen T-Shirts erregen die Damen und Herren höchste Aufmerksamkeit. Darum gehe es auch, die gute Sache publik machen, wie es Schmidt erzählt. Ein Sponsor, ein Ingenieurbüro aus Weimar, hat die Startgebühren bezahlt. Für die Spitzengruppe über elf Kilometer hat es sportlich natürlich nicht gereicht. Hier sprintet Tilahun Babsa, Sächsicher Hof, nach gerade einmal 34:44,5 Minuten über den Zielstrich, gefolgt von Dereje Tola (35:22), vor dem Weimarer Triathlon-Bundesliga-Trio Alexander Kull (36:13), Peter Lehmann (37:21) und Theo Sonnenberg (38:27).

Für die Geschmückten, die Kostümierten, die Lächelnden, statt Hechelnden – eben für alle, für die es eine Passion ist, durch die heimatlichen Gassen und Straßen, den immergrünen Park zu laufen, sind Zeiten schnurz – es ist die Begeisterung, die sie antreibt. Von der Mühe ist da keine Spur, die bleibt unbemerkt eingedenk der Hingabe, der Leidenschaft. Und mehr, sagt Schmidt, braucht es nicht ...