Weimar. Erste Karte Brasiliens vor 200 Jahren in Weimar gedruckt: Ausstellung in der Anna Amalia Bibliothek und Vortrag

Goethes Brasiliana zeigt derzeit eine kleine Ausstellung im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Zu sehen sind in drei Vitrinen Originale aus Goethes Bibliothek und das Journal von Brasilien, das sich Goethe vor genau 200 Jahren ausgeliehen hat. Außerdem zu besichtigen ist die dazugehörige Karte aus Goethes Bibliothek, die vor genau 200 Jahren bei Bertuch in Weimar gedruckt und coloriert wurde.

Die Exponate stehen für die Brasilienbegeisterung in Weimar im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Nirgends im deutschsprachigen Raum erschienen seinerzeit mehr Publikationen zu dem südamerikanischen Land als in Weimar, berichtet Sylk Schneider, Diplom-Volkswirt mit Schwerpunkt Regionalstudien Lateinamerika. Er forscht derzeit nach den Ursachen für diese Begeisterung. 2008 erschien sein Buch „Goethes Reise nach Brasilien. Gedankenreise eines Genies“. Gegenwärtig arbeitet Sylk Schneider an der Publikation „Viajem de Goethe au Brasil“. Er nutzt bibliophile Schätze aus Goethes Bibliothek und greift darüber hinaus andere Werke aus dem reichen Fundus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, dem Goethe- und Schiller-Archiv sowie den Museen der Klassik-Stiftung auf, die vom großen Interesse an Brasilien zeugen. An keinem anderen Ort wurde von 1800 bis 1832 mehr auf Deutsch zu Brasilien publiziert als in Weimar.

Welche Faszination Brasilien auf Goethe wie auf Großherzog Carl August ausübte, belegen noch heute zahlreiche Briefe, Bücher und Naturalien in den Sammlungen der Klassik-Stiftung. Vieles davon schickte Carl von Schreibers nach Weimar, Leiter des Wiener Naturalien-Cabinets, mit dem Goethe in engem wissenschaftlichen Austausch stand. Engen Kontakt pflegte Goethe zudem mit dem Geologen und Bergmann Wilhelm Ludwig von Eschwege (1777-1855), „Vater der brasilianischen Geologie“. Noch heute staune man in Brasilien „über die Genauigkeit und Exaktheit seiner Aufzeichnungen“. Fünfzehn Besuche bei Goethe sind durch die Tagebücher 1822 und 1823 belegt. Goethe wickelte für Carl August den Ankauf brasilianischer Diamanten ab. Eschweges zweibändiges Journal von Brasilien wurde 1818/19 im Weimarer Landes Industrie gedruckt. Die dazugehörige orographische und petrographische Karte im Geographischen Institut Weimar. Sie zeigt den Verlauf von Eschweges Reise 1811 von Rio de Janeiro nach Minas Gerais. Mit Weimar verband ihn zudem die enge Freundschaft zu Wilhelm Rehbein, mit dem er aufgewachsen war, seit 1816 Hofmedicus am Hofe in Weimar und seit 1819 Goethes Hausarzt. Seine geliebte Sophie von Baumbach, die er nach 18 Jahren des Wartens endlich heiraten durfte, war Hoffräulein bei Großherzogin Luise.

Morgen, Donnerstag, 18. Juli, 18 Uhr, Anna Amalia Bibliothek, Studienzentrum, Weimar als Zentrum der Brasilienrezeption, Vortrag von Sylk Schneider, Eintritt frei