Kranichfeld. Die Band Schandmaul tritt diesen Samstag auf der Freilichtbühne der Niederburg in Kranichfeld auf. Ein Gespräch mit Sänger Thomas Lindner über Bernd das Brot, Videoclips und Inklusion.

Auf Burgen sind die Musiker von Schandmaul in ihrem Element. Entsprechend groß ist die Vorfreude aufs Open-Air-Konzert diesen Samstag auf der Niederburg in Kranichfeld. Sänger Thomas Lindner verrät im Interview, wieso er sich in der Rolle des Märchenonkels wohl fühlt – und wie der Erfinder von Bernd das Brot die Band verwandelt hat.

Wie ist die Beziehung einer Band aus Oberbayern zu Thüringen?

Thüringen dürfte das erste Bundesland sein, in dem wir gespielt haben, als wir aus unserem Heimatkreis verjagt wurden. Insofern begleitet uns Thüringen seit Jahrzehnten. Auf der Runneburg im Landkreis Sömmerda, wo wir mehrfach aufgetreten sind, hat es uns so gut gefallen, dass wir dort 2005 einen Raum gemietet und unser Album „Mit Leib und Seele“ aufgenommen haben.

Neben der Freilichtbühne Niederburg stehen das Harzer Bergtheater Thale und die Burg Wertheim in Eurem Tourkalender. Sucht Ihr gezielt nach besonderen Locations?

Ach, im Grund ist es so: Im Sommer sind wir lieber draußen, im Winter lieber drinnen. Aber klar, manchmal schaut man auch nach solchen besonderen Orten. Wobei mittlerweile auch die Veranstalter auf uns zukommen und fragen, ob wir hier und da auftreten möchten.

Euch dienen oft Sagen und Legenden als Inspirationsquelle. Eine Flucht in die Vergangenheit?

Nee, Flucht klingt so negativ. Wir sind ja eigentlich wie ein Märchenonkel, der Geschichten erzählt, um den Leuten eine Auszeit zu bieten vom Alltagsgeschehen. Und das gelingt bei unserem Instrumentarium besonders gut mit mittelalterlich anheimelnden Themen. Interessant ist aber, dass die ganz großen Themen auch im Laufe der Zeit fast gleich bleiben. Daher findet man, wenn man denn möchte, zwischen den Zeilen immer wieder Bezüge zum Hier und Jetzt.

Das neue Schandmaul-Werk heißt „Artus“ ...

... und widmet sich an manchen Stellen einer der großen europäischen Sagen. Die Geschichte ist großartig. Auch wenn ich das alles schon einmal gehört hatte, habe ich mich nun eine ganze Weile in diesem Sagenkreis bewegt, habe Bücher gelesen – und dann ging es los. Die Artussage ist ein unerschöpflicher Quell. Das schwierige besteht darin, alles soweit zu kürzen, dass es in einen Song passt.

Im Videoclip zum Song „Der Totengräber“ ist die ganze Band als Puppen zu sehen. Wie viel Humor steckt in Schandmaul?

Wir sind gut getroffen, nicht wahr? Wir mussten lachen, als wir die Puppen zum ersten Mal gesehen haben. Produzent Tommy Krappweis hatte die Idee – er hat übrigens Bernd das Brot erfunden und hat generell einen Bezug zur Puppenspielerei. So wurden wir zu Muppets.

Das Video zum Song „Froschkönig“ kommt im Stil einer Graphic Novel daher. Wie wichtig sind solche Videos, die ihr in sozialen Medien wie YouTube verbreitet?

Man verdient nichts daran. Aber solche Videos und auch das Internet an sich sind unfassbar wichtig geworden, um die Leute auf etwas aufmerksam zu machen – sei es auf die Musik oder die Konzerte. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass auch dem Auge etwas Schönes geboten wird.

Vor zwei Jahren stand beim Wacken Open Air eine Gebärdendolmetscherin mit Euch auf der Bühne. Was bedeutet Euch Inklusion bei Konzerten und Festivals?

Generell ist Inklusion schon lange ein Thema für uns. Auch Leute, die beeinträchtigt sind, sollen die Möglichkeit haben, teilzunehmen. Das geht nicht überall, aber wir versuchen, es zu ermöglichen. Denn wenn ein Rollstuhlfahrer in der letzten Reihe bleiben muss, kann er auch gleich zu Hause bleiben und eine DVD gucken. Es sollte versucht werden, dass er vor die Bühne darf oder von einem Podest über die anderen Zuschauer sehen kann.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Gebärdendolmetscherin?

Laura Schwengber ist deutschlandweit unterwegs und hat uns gefragt, ob sie in Wacken dabei sein kann. Eine tolle Idee! Schließlich besuchen auch schwerhörige Menschen Musikfestivals. Darum haben wir dieses Experiment gern mitgemacht. Die großen Videowände in Wacken waren dazu ganz praktisch. Ich denke, es kam gut an. Und für Laura war es aufgrund unseres nicht gerade alltäglichen Vokabulars gar nicht so einfach.

Für wen spielen Schandmaul?

Alle, die gern Geschichten hören oder das Tanzbein schwingen und Spaß haben möchten, sind bei uns gut aufgehoben. Eigentlich alle, die mal eine Auszeit suchen. Tatsächlich ist das Publikum bei uns unfassbar gemischt: Da stehen Metalheads neben Mittelalterfreunden. Auch „Fledermäuse“ sieht man oft – wir spielen ja auch gern auf den Gothic Festivals, wo das Publikum eher Schwarz trägt. Insgesamt ist das Schandmaul-Publikum sehr bunt gemischt, auch was das Alter betrifft.

Samstag, 22. Juni, Beginn 19 Uhr, Einlass 18 Uhr