Berlin. Die Bundesliga staunt über den 1. FC Union. Der Underdog leistet sich auch gegen Top-Teams keine Ausrutscher und mischt weiter oben mit. Nun muss Bayer Leverkusen im Osten Berlins beweisen, dass die eigenen Rückschläge in der Bundesliga kein Trend sind.

Der Nächste, bitte! Spitzenspiele im Wochenrhythmus sind für Union Berlin langsam Gewohnheit. Das Überraschungsteam der Fußball-Bundesliga bleibt aber weiter ganz bewusst beim Understatement.

"Für uns ist jedes Spiel eine große Herausforderung", sagte Trainer Urs Fischer. Bayer Leverkusen kommt am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) als nächster Champions-League-Anwärter ins Stadion An der Alten Försterei. Nach den Ausrutschern des FC Bayern (1:1), von Borussia Dortmund (2:1) und des VfL Wolfsburg (2:2) ist das Werksteam zumindest gewarnt. In Köpenick passiert gerade Ungewöhnliches.

Auch der Ausfall von Max Kruse hat die Berliner nicht aus dem Tritt gebracht. Im Gegenteil. Seitdem sich der publikumswirksame Unterschiedsspieler beim 1:3 im Derby bei Hertha BSC Anfang Dezember einen Muskelbündelriss zuzog, hat Union kein Bundesliga-Spiel mehr verloren. Entgegen aller Prognosen wurde auch den Top-Teams der Branche getrotzt. Platz fünf ist die Belohnung, das internationale Geschäft keine gänzlich abstrakte Vision mehr. Das ist auch dem zuletzt dreimal in der Liga sieglosen Leverkusenern nicht entgangen.

"Union hat einen klaren, deutlichen Spielstil. Sie laufen aggressiv vorne an und werden sich nicht hinten reinstellen. Das haben sie auch gegen andere Topmannschaften nicht getan", sagte Trainer Peter Bosz. Der Union-Erfolg sei kein Zufall: "Das ist wirklich eine gute Mannschaft, die da vorne dran bleiben wird."

Als ein Zeichen des angenehmen Müßiggangs und ein bisschen auch aus Langeweile beschäftigte sich Rekonvaleszent Kruse auch als Rührei-Koch auf Instagram und sucht aus seinem Appartement im Szene-Bezirk Friedrichshain nach einem Lieferservice für glutenfreie Pancakes. Sorgen sehen eben anders aus.

Auch Trainer Fischer ein Muster-Schweizer in Sprache und Attitüde lacht zuletzt immer häufiger. Nur bei Fragen nach der Zielsetzung und dem Ertönen des Reizwortes Europapokal verhärten sich die Gesichtszüge des 54-Jährigen reflexartig. Fischer blockt alles ab, was thematisch mit dem Ziel Klassenerhalt nicht kompatibel ist.

Seine besondere Leistung besteht darin, aus dem kraftvoll reagierenden Union-Kollektiv aus der Vorsaison ein Team geformt zu haben, das mit Kombinationsfußball proaktiv den Besten auf Augenhöhe begegnet. Dabei ging der kompromisslose Stil keineswegs verloren, was zuletzt auch Wolfsburgs Top-Stürmer Wout Weghorst leidvoll beklagte. Kruse konterte aus dem Instagram-Off: "Schuster, bleib bei Deinem Leisten".

Dieser für Kruse-Vokabular recht altbackene Spruch macht sich Fischer immer zu eigen. Vor Leverkusen, das von Union noch nie besiegt werden konnte, warnt er im Speziellen: "Wir müssen sie daran hindern, Fußball zu spielen, auch in ihrer Platzhälfte. Wenn man ihnen Raum lässt, kommen sie in Positionen, in denen sie gefährlich werden. Dann haben sie die spielerischen Mittel, wo es schwer wird, sie zu verteidigen."

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