Großrudestedt/Erfurt. Bürgermeister kritisiert in Brief an Abgeordnete „feindliche Übernahme“. CDU will bei fehlender Freiwilligkeit nicht zustimmen

Die im Innenministerium viel gelobten freiwilligen Gemeindezusammenschlüsse stoßen zumindest in Großrudestedt (Kreis Sömmerda) auf Widerstand. Bereits Ende Januar hat der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss gefasst, der sich gegen die Fusion der beiden Verwaltungsgemeinschaften „An der Marke“ und „Gramme-Aue“ ausspricht. Um die Haltung noch zu bekräftigen, wurden am 10. April 2019 zudem alle Gemeinderatsbeschlüsse im Verfahren zum Ersten Neugliederungsgesetz des Innenministeriums einstimmig zurückgenommen.

Um der Angelegenheit weiteren Nachdruck zu verleihen, hat sich Bürgermeister Andreas Müller (FWG) jetzt mit einem Brief an die Landtagsabgeordneten gewandt. Offensichtlich sei das Wohl der größten Gemeinde im gesamten Territorium trotz des gegenteiligen Votums missachtet worden, „so dass wir eher den Eindruck einer feindlichen Übernahme haben“, schreibt er. Auf jeden Fall sei das durch den Innenminister gegebene Versprechen zum Prinzip der Freiwilligkeit verletzt worden. Großrudestedt, so Müller, habe sich stets auf die eigene Leistungsfähigkeit verlassen können und den Verwaltungsstandort sowie das Kinderbetreuungs- und Bildungsangebot sehr gut ausgebaut. Jetzt entstehe dagegen „ein riesiger Aufwand an Bürokratie mit einem schwerfälligen Verwaltungsapparat“.

Kritik aus Großrudestedt bekannt

Die übrigen Gemeinden, unter anderem Udestedt, Schloßvippach, Eckstedt und Vogelsberg, halten derweil an den bisherigen Plänen fest. Der Zusammenschluss der Verwaltungsgemeinschaften werde für größere Effektivität sorgen, sind sie überzeugt.

Im Innenministerium ist die Kritik aus Großrudestedt bekannt. Gleichwohl sei man nach Prüfung des Neugliederungsantrags aller übrigen elf Gemeinden zu dem Ergebnis gekommen, „dass überwiegende Gründe für die beantragte Bildung der Verwaltungsgemeinschaft ‚Gramme-Vippach‘ sprechen“, teilt ein Sprecher von Minister Georg Maier (SPD) mit.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Wolfgang Fiedler, hat bereits Widerstand angekündigt. „Bei fehlender Freiwilligkeit stimmt die CDU keiner Neugliederung zu“, teilt er auf Anfrage dieser Zeitung mit. Bisher sei bei Neugliederungsgesetzen über jeden Fusionsparagrafen einzeln abgestimmt worden. Die Union werde gegen den Willen von Großrudestedt dem Gesetz nicht zustimmen.

Steffen Dittes (Linke). Foto: Jens König
Steffen Dittes (Linke). Foto: Jens König © Jens König

In der rot-rot-grünen Koalition gibt es nach Angaben des Linke-Abgeordneten Steffen Dittes „noch keine abschließende Festlegung“ wie mit dem Fall umgegangen wird. Zunächst werde man sich die verschiedenen Stellungnahmen ganz genau ansehen. Fest stehe aber, dass es nicht um die Veränderung gemeindlicher Strukturen gehe. Am Donnerstag werde darüber im Kommunalausschuss beraten, sagt Dittes, der dem Gremium vorsitzt. „Man kann das sachlich und unaufgeregt diskutieren.“

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