Erfurt. Melanies Karriere begann während der ausklingenden Flower-Power-Bewegung und war doch so viel mehr. Christian Werner über das Album „Candles in the Rain“.
Als Miley Cyrus im Jahr 2015 für ihre Benefizkonzertreihe „Backyard Sessions“ auch die Musikerin Melanie einlädt, stehen sich nicht nur zwei Generationen am Mikro gegenüber, sondern auch zwei Frauen, die viel gemein haben: Allein mit ihrer Bühnenpräsenz und ihrer jeweils außergewöhnlichen Stimme verkörpern sie ein Selbstverständnis von Respekt und Selbstbewusstsein.
Das wird vor allem bei ihrer gemeinsamen Interpretation von „What have they done to my Song Ma“ deutlich, einen der ersten Hits von Melanie und mehrfach gecovert etwa von Daliah Lavi, Ray Charles oder Nina Simone.
Cover-Version des Rolling-Stones-Hits „Ruby Tuesday“
Das Stück befindet sich auf ihrem dritten Album „Candles in the Rain“, mit dem Melanie 1970 einem breiteren Publikum bekannter wird und einige ihrer erfolgreichsten Singles listet. Wie das vom Gospel geprägte „Lay down (Candles in the Rain)“, aufgenommen mit den Edwin Hawkins Singers. Der Song ist inspiriert von Melanies Auftritt bei Woodstock: Als die noch recht unbekannte Sängerin ihre gut Handvoll Lieder nur mit der Akustikgitarre vor den Massen im Regen dargeboten hatte, zündeten die Zuschauer Kerzen an. Sie war eine der wenigen Frauen, die solo auf dem berühmten Musikfestival 1969 aufgetreten waren.
In Deutschland ist sie bis heute vor allem für ihre Cover-Version des Rolling-Stones-Hits „Ruby Tuesday“ bekannt, den sie mit einer Mischung aus Zurückhaltung und Inbrunst interpretiert. Das Stück fehlt bis heute auf kaum einem Flower-Power-Sampler. Auch dieser Song befindet sich auf „Candles in the Rain“.
Image des Blumenkindes
Der Titelsong des Albums hingegen gründelt tief in der englischen Folk-Tradition, das James-Taylor-Cover „Carolina in my Mind“ stiehlt dem Original die Show. Melanies Faible für teils obskure Lyrik trägt „Alexander Beetle“ Rechnung. Eine mit comichaften Geräuschen versehene Vertonung eines Textes des englischen Schriftstellers A.A. Milne („Pu der Bär“). Die opulent-dramatische Ballade „Leftover Wine“ beschließt das Album.
Melanie Safka, wie sie sich später auch nannte, hatte in der öffentlichen Wahrnehmung zeitlebens oft das Image des Blumenkindes. Ein Stempel, der ihrem künstlerischen Schaffen und ihrem Standing unter Kollegen nicht im Ansatz gerecht wird. Sie war eine mehr als nur versierte Gitarrenspielerin sowie Komponistin und veröffentlichte an die 30 Alben.
Ihr Name fehlt oft bei Aufzählungen von Frauen, die sich früh in der von Männern geprägten Musikwelt behaupteten wie Joni Mitchel, Joan Baez oder Janis Joplin. Auch wenn ihre Musik im Kanon der Pop-Musik nie einen ähnlichen Stellenwert erreicht hat.
Melanie Anne Safka-Schekeryk ist am 23. Januar 2024 mit 76 Jahren gestorben.