Elmar Otto über zunehmende Attacken auf Politiker

Wir sind im Superwahljahr. Wenn man an vergangene Zeiten denkt, sollte das eigentlich ein Grund zur Freude sein. Alle Menschen können frei und unabhängig ihre Stimme abgeben.

Doch im Vorfeld der Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen nehmen die Sorgen zu. Und das hat nicht zuletzt diesen Grund: Seit Jahren steigt die Zahl der Straftaten gegen Politiker und Angriffe gegen Parteibüros. Gefasst werden die Täter selten. Und in der Kriminalitätsstatistik landen zudem nur Fälle, die angezeigt werden. Eine Studie von 2021 besagt jedoch, dass dies in lediglich 15 Prozent der Vorfälle von Hass, Hetze und Gewalt gegen Amtsträger passiert.

In den vergangenen Wochen und Monaten haben die Vorfälle erschreckenderweise eher zu- als abgenommen.

Da wurden die Reifen des Dienstwagens zerstochen, wie beim Bürgermeister von Ponitz, Marcel Greunke (CDU), im Altenburger Land. In Waltershausen wird ein Brandanschlag auf das Haus des SPD-Kommunalpolitikers Michael Müller verübt. Oder das Abgeordnetenbüro von Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) mit Hakenkreuzen beschmiert.

Die Hemmschwelle scheint immer weiter zu sinken. Auch Hassbotschaften im Netz nehmen unvermindert zu.

Die fortschreitende Verrohung der Sitten in der politischen Auseinandersetzung wird zu einer Bedrohung demokratischer Strukturen. Denn immer öfter überlegen es sich Menschen zweimal, ob sie sich wirklich noch als Bürgermeister, Gemeinde- oder Landräte und Abgeordnete zur Verfügung stellen.

Dort, wo früher auch schon mal ein rauer Stammtischton herrschte, steht mittlerweile zu befürchten, dass das Recht des Stärkeren mit der Faust durchgesetzt wird.

Da nützt es wenig, wenn immerhin noch die Mehrheit der Gesellschaft Gewalt verabscheut. Denn auch in der Mitte und längst nicht mehr nur an den Rändern unseres Gemeinwesens gewinnt körperliche Brutalität als Ventil des Frustabbaus an Akzeptanz.

Ergebnis eines Sicherheitsgipfels mit Justiz, Verfassungsschutz, Polizei, Kommunen und Demokratieprojekten in der vorvergangenen Woche war, dass Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden in Thüringen enger zusammenarbeiten.

Das ist eine wichtige und richtige Konsequenz. Aber am Ende müssen auch Bürgerinnen und Bürger gemeinsam Flagge zeigen. Es geht um Solidarität mit jenen, die zu Zielscheiben von Extremisten geworden sind. Dazu braucht es ein Zusammenstehen und zwar über Parteigrenzen hinweg.