Frank Quilitzsch über Gerhard Gundermanns Lieder in 17 Sprachen.

Doch, das ist es! Es ist mein Lieblingslied: „Du bist in mein Herz gefall’n / wie in ein verlassnes Haus, / hast die Türen und Fenster weit aufgerissen, / das Licht kann rein und raus...“ So beginnt Gerhard Gundermanns Wiegenlied für seine kleine Tochter Linda.

Eigentlich. Denn dies hier klingt anders: „You fell into my heart, little Linda...“

Die englische Version des Gundermann-Songs fällt ein bisschen mit der Tür ins Haus, denn sie nennt eingangs gleich die Urheberin des wiedergewonnenen Lebensglücks: Little Linda.

Den Song gibt’s auch auf Niederländisch: „Nu komen vette dagen, Linda! / We hebben zo lang voor je gespaard.“ – „Nun kommen die fetten Tage, Linda! / Wir haben so lang auf dich gespart“, geht der Original-Refrain.

Man könnte sagen, Linda, nein, Gundermann ist in Europa angekommen – 21 Jahre nach seinem Tod sind seine Lieder in mindestens 17 Sprachen übersetzt.

Der Siegeszug des Lausitzer Baggerfahrers und Rockpoeten kennt keine Grenzen mehr. Andreas Dresens preisgekrönter Film hat den im Alter von 43 Jahren Verstorbenen noch populärer gemacht, nicht nur im Osten, auch im Westen. Das Leinwanddrama „Gundermann“ erhielt sechs Lolas und wurde in etliche Länder exportiert. Dort weckte es auch das Interesse einiger Liedermacher, die Gundis Texte in ihre Muttersprache übertrugen. Für den Niederländer Johan Meijer gehört Gundermanns Musik zum „Weltkulturerbe“. „Was er über Leben und Endlichkeit sagt, berührt uns doch alle“, spricht Meijer aus, was die wachsende Fangemeine empfindet.

Ausgangspunkt des fortgesetzten interkulturellen Liedertransfers sind Gundermanns Heimatstadt Hoyerswerda und das ehemalige Bergbaustädtchen Großräschen. Dort fand vor Jahresfrist ein Workshop statt, bei dem Gundermann-Texte zunächst in zehn Sprachen übersetzt wurden. Dazu hatte der Verein „Gundermanns Seilschaft“ eingeladen. Gemeinsam mit dem Label Buschfunk ist daraus ein europäisches Liederbuch mit einer CD hervorgegangen, das nun im Handel erhältlich ist.

„Drachentöters Vater“ auf Französisch, „Herzblatt“ auf Italienisch, „Streunende Hunde“ auf Russisch, „Gras“ auf Tschechisch, „Schwarze Galeere“ auf Polnisch, „Keine Zeit mehr“ auf Englisch, „Die Zukunft“ auf Spanisch und „Ich mache meinen Frieden“ auf Niederländisch. Das klingt alles ein wenig fremd und doch sehr vertraut.

Klar, dass es den Lausitzer Gundermann auch auf Sorbisch gibt. Pyptko Pittkunings hat die Lieder ins Niedersorbische übertragen. Eine Herausforderung, denn nicht alle Worte, die der Rockpoet benutzte, gibt es in dieser Sprache. Zum Beispiel habe man für „Werkzeugzange“ erst eine Entsprechung finden müssen.

Wer schon mal mitsingen möchte: „Eenmal bliewen morgens miene Schau woll lerr / Eenmal helpt mi ook dien Hollerbeer nich mehr...“

Gundermanns Lieder in Europa. Buch und CD, Buschfunk Musikverlag, Berlin, 136 Seiten, 17 Euro