Elmar Otto über Frust in der Pandemie

Yippie, in dieser Woche gab es mal keine MPK. Also, glauben wir. Die Abkürzung für Ministerpräsidentenkonferenz kennt gefühlt inzwischen jeder Grundschüler. Das nennt man dann wohl politische Bildung. Für irgendetwas muss eine nicht in den Griff zu kriegende Corona-Krise ja gut sein. Früher hätten wenig waffenaffine Zeitgenossen die drei Buchstaben eher für die Typenbezeichnung einer Schnellfeuerflinte der Bundeswehr gehalten.

Aber sei’s drum. Auch ohne MPK ist jede Menge los. Aber bald eben nicht mehr. Perspektivisch könnten nämlich zu abendlicher Stunde Ausgangssperren drohen. Zwischen neun Uhr abends und fünf Uhr morgens, lautet der Vorschlag.

Das macht Sinn, müssen sich besonders weitsichtige Experten gedacht haben, weil das Gros dieser Zeitspanne ohnehin in den natürlichen Schlafrhythmus des Durchschnittsdeutschen fällt. Die jüngere Zielgruppe soll ruhig meutern. Sie ist nicht wahlentscheidend zu sein. Generationengerechtigkeit war gestern.

Besonders hilfreich dabei: Dass selbst qua Parteibuch befreundete Auskenner nicht mit einer Stimme sprechen. So wie etwa Karl Lauterbach und Georg Maier.

Der Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion ist für eine Ausgangssperre, weil sie beispielsweise in Portugal, England und Frankreich eine wichtige Rolle bei der Pandemiebekämpfung gespielt habe.

Der sozialdemokratische Landesvorsitzende und Thüringer Innenminister hält sie für überzogen. Unter anderem weil die Polizei Verstöße gegen die Ausgangssperre sowieso nicht kontrollieren könne. Aber vor allem, weil die Menschen ein feines Gespür dafür haben, „wenn der Staat über das Ziel hinausschießt“.

An dieser Stelle geben wir Maier mal Recht. Zu mehr Akzeptanz führt dieser weitreichende Eingriff in die Grundrechte sicher nicht.

All das hat mit Führung und einem klaren Kompass nichts mehr zu tun. Dabei wäre der doch gerade so wichtig.

Kakofonie statt klarer Kante herrscht auch an der Thüringer Bildungsfront vor. Viele der Mails mit diversen Anhängen aus dem Bildungsministerium und vom Landesdatenschützer, die in den Schulen eintrudeln, können aus Gründen pädagogischen Selbstschutzes von den Lehrern nur noch abgeheftet, aber nicht mehr gelesen werden. Beide Behörden haben derart unterschiedliche Rechtsauffassungen in Bezug auf Selbsttests, dass alle Betroffenen spätestens jetzt wissen, warum es heißt: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.

Während der freistaatliche Dreimaster mit erheblicher Schlagseite durch das Pandemische Meer dümpelt, könnte man die vielen Detailscharmützel sogar noch für amüsant halten. Wenn es nicht um eine schwere Krise in Zusammenhang mit einer todbringenden Krankheit ginge. Doch das gerät immer mehr in Vergessenheit.

So langsam breitet sich über vielen eine bleiernde Gleichgültigkeit aus, die viel Frust unter sich begräbt. Deshalb scheint der Gefühlszustand der Republik und des Freistaats mit einem Wort sehr gut beschrieben: mütend.