Elmar Otto zu Corona-Kommunikation.

Gestern war wieder Freitag. Und Lehrer, Eltern, Schüler und manch andere waren froh, dass es am späten Nachmittag nicht wieder eine überraschende ministerielle Mitteilung gab. Wir erinnern uns: Eine Woche zuvor hatte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) am Freitag um 17 Uhr plötzlich wissen lassen, dass es doch keine Öffnung von Kindergärten und Grundschulen in Corona-Hotspots geben werde; bei Inzidenzwerten von mehr als 200 müssten sie geschlossen bleiben, bei mehr als 150 werde eine Schließung empfohlen.

So richtig die Entscheidung auch war, so sehr stellte sie die noch Anfang der Woche verbreitete Haltung von Bildungsminister Helmut Holter (Linke) auf den Kopf, keinen Flickenteppich im Land haben zu wollen.

Das hatte Holter am Dienstag so in der Regierungsmedienkonferenz gesagt. Am Mittwoch wurde im Landtagsausschuss darüber referiert; und die Abgeordneten freuten sich, dass ihre Anregungen ausnahmsweise weitgehend übernommen werden sollten.

Bildungs- und Gesundheitsministerium zerrüttet

Wieder zwei Tage später jedoch ließ die Verordnung auf sich warten; und aus Koalitionskreisen häuften sich besorgte Anrufe im Bildungsministerium. Irgendwann ließ Holter schließlich die Bündnispartner wissen, es werde gleich das ersehnte Regelwerk geben. Aber bei Rückfragen möge man sich bitte doch an die Gesundheitsministerin wenden.

Besser kann man Lehrer, Eltern, Schüler und alle anderen Beteiligten nicht vor den Kopf stoßen. Und anschaulicher kann man auch die Zerrüttung zwischen Bildungs- und Gesundheitsministerin kaum öffentlich dokumentieren.

Anders (und rot-rot-grün gender-gerecht) formuliert, ein klarer Fall von: Oberin sticht Unter.

In der Sache war das alles zwar nicht falsch. Aber die Kommunikation war eine Katastrophe.

Dass sich die Kabinettsmitglieder so grundlegend uneinig sind, war selbst für Eingeweihte erschreckend. Ebenso, dass es den Beteiligten egal schien, durch ihren Schlingerkurs auch noch die letzte Akzeptanz für Corona-Maßnahmen bei den letzten Verständnisvollen einzubüßen.

Gerade bei den beiden kleinen Koalitionären erreichte der Wert auf der nach unten offenen Frustrationsskala einen neuen Tiefpunkt. Zu groß war der Ärger über das linke „Bermuda-Dreieck“, das für SPD und Grüne aus einer unheiligen Allianz von Bildungs- und Gesundheitsministerium sowie Staatskanzlei besteht. Denn dass Ministerpräsident Bodo Ramelow und sein staatskanzlerischer Einflüsterer Benjamin Hoff oft unabgestimmt das allerletzte Wort haben müssen, geht Sozialdemokraten und Bündnisgrünen immer gehöriger auf den Senkel.

Die Rolle rückwärts zu Werners Gunsten scheint dabei mit Blick auf den anstehenden Führungswechsel bei der Thüringer Linken nachvollziehbar. Die 52-Jährige, die schon Landesvize ist, muss bei Laune gehalten werden, weil sie für weitere Führungsaufgaben in der Partei gebraucht wird. Holter dagegen könnte sich bei der Landtagswahl im Herbst mit seinen dann 68 Jahren durchaus die Frage stellen, ob er sich den ganzen Stress weiter antun will.

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