Elmar Otto zur Ramelow-Voigt-Beziehung.

Es war im Sommer 2009, Mario Voigt war Landesvorsitzender der Jungen Union, trug gerne farbige Pullover über dem gestärkten Hemd und hatte eine tolle Idee. So dachte er zumindest. Um dem Ministerpräsidenten und CDU-Spitzenkandidaten zu helfen, müsse man den entscheidenden Unterschied zwischen Dieter Althaus und seinem Herausforderer Bodo Ramelow deutlich benennen. Für den etwas pausbäckigen Chef des Unionsnachwuchses war das die Herkunft.

Auf dem JU-Internetauftritt fand sich deshalb eine Illustration, die das Bild einer Bratwurst zeigte und den Schriftzug „echte Thüringer“. Unter einem Foto Ramelows dagegen stand „falscher Thüringer“.

Der Linke trug damals eine kecke Haartolle, die ansatzweise an Tim ohne Struppi erinnerte und sprach von einer „Schmuddel-Kampagne“, die die Botschaft habe, dass Zugereiste nicht willkommen seien. Hinter der Aussage stecke eine brandgefährliche Ideologie, polterte er.

Die angezettelte Ost-West-Debatte fand indes nicht nur Ramelow wenig amüsant. Auch die Mutterpartei selbst pfiff den kreativen Jungunionisten zurück. „Das ist nicht unser politischer Stil“, ärgerte sich der damalige CDU-Landesgeschäftsführer Andreas Minschke. Darüber werde er mit Voigt reden. Das Motiv müsse vom Netz. Und sollte so etwas gedruckt vorliegen, komme das in die Tonne.

Es ist nicht das einzige Mal, dass sich Voigt und Ramelow alles andere als grün waren. Im Frühjahr 2014, der Oppositionsführer Ramelow startete einen erneuten Versuch, endlich das Eckbüro des Ministerpräsidenten in der Staatskanzlei zu belegen, wurde mächtig über eine mögliche Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform gestritten. Voigt, mittlerweile zum Generalsekretär aufgestiegen, polemisierte gegen drohende „Monsterkreise“. Und die JU illustrierte diese vermeintliche Gefahr vor riesigen, anonymen Strukturen mit einer roten Kreissäge, die sich durch den Freistaat frisst.

Mit der Jungen Union sei auch nichts mehr los, konterte Ramelow. Nach Voigts Bratwurstkampagne hätte der Nachwuchs jetzt noch nicht mal richtig aufgepasst und erhebe einen dümmlichen Vorwurf. Es werde „nix zersägt, sondern was zusammengefügt“. Das richtige Wortspiel wäre gewesen: „Junge Union – wir bleiben in der Kreisliga.“

Glücklicherweise haben sich beide Kontrahenten nicht nur optisch weiterentwickelt.

Voigt hat am Montag die Führung der CDU-Fraktion übernommen. Ramelow ist am Mittwoch zum zweiten Mal zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Maßgeblich haben sie den Stabilitätspakt zwischen Rot-Rot-Grün und der Union verhandelt, der unter anderem einen projektbezogene Zusammenarbeit und einen gemeinsam zu erarbeitenden Haushalt 2021 vorsieht – all das ohne Zutun der AfD.

Vor allem aber wurde Voigt zum Königsmacher. Er hat seine Fraktion zusammengehalten und damit die erneute Wahl Ramelows zum Regierungschef erst ermöglicht.

Dafür mussten der Rote und der Schwarze in erster Linie eins sein: verlässliche Partner. Aber vielleicht ist es auch der Beginn einer wunderbaren (Partei-)Freundschaft.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de