Elmar Otto über Pandemie-Verhalten.

Für manche ist Corona eben weiterhin vor allem eine mexikanische Biermarke. Deshalb Prost! Was soll schon passieren? Bei 4,5 Volumenprozent müsste man schon so einige Flaschen leeren, damit es gefährlich wird. Deshalb weg damit und Spaß dabei. Man lebt schließlich nur einmal. Wen interessiert schon, wie lange.

Um es klar zu sagen: Natürlich waren jenen AfD-Abgeordneten, die sich jüngst in den Räumen des Landtags zu einem kleinen Stelldichein zusammenfanden, solche oder ähnliche Gedanken fremd. Zumal an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich kein Gerstensaft aus Mittelamerika im Ausschank war. Schließlich handelte es sich um eine Weihnachtsfeier. Und da sind doch in der Regel andere Getränke angesagt.

Rot-rot-grüne Koalitionäre, die mit der CDU in einem Raum nebenan über den Haushalt des kommenden Jahres verhandelten und vielleicht etwas neidisch waren, wollen in den Reihen der rund vierzig alternativ-fröhlichen Kollegen Glühweinduft wahrgenommen haben. Zudem sei von vorgeschriebenen Abstandsregeln nichts zu merken gewesen und lauthals Helene Fischer abgespielt worden.

Man fragt sich echt, was schlimmer ist.

Ob sich alle Details so zugetragen haben, kann bedauerlicherweise nicht abschließend geklärt werden. Bestätigt ist lediglich, wie von dieser Zeitung berichtet, eine kleine Zusammenkunft zwischen AfD-Abgeordneten und Mitarbeitern, bei der neben einem Buffet Getränke angeboten wurden. Seines Wissens habe es aber keinen Alkohol gegeben, so der Parlamentsgeschäftsführer. Eine Formulierung, die Juristen jubeln lässt.

Gutgläubig, wie wir nun mal sind, gehen wir davon aus, dass bei dem adventlichen Umtrunk Kamillentee gereicht wurde. Ob sich daraus wegen klitzekleiner Unachtsamkeiten ein Superspreader-Event entwickeln könnte, wollen wir nicht hoffen und kann zugegebenermaßen niemand sagen.

Die für Freitag geplante Landtagssitzung wurde unterdessen wegen der bestätigten Corona-Infektion einer Linken-Abgeordneten und mehrerer Verdachtsfälle, zwei bei der Linken und jeweils einer bei CDU und AfD, abgesagt.

Ein Blick auf die thüringenweiten Zahlen lässt ebenfalls nicht gerade aufatmen. Seit Beginn der Pandemie haben sich in Thüringen 24.130 Menschen mit dem Sars-CoV2-Virus infiziert, 508 Menschen starben in diesem Zusammenhang. Die Infektionen in Thüringen steigen ungebremst an.

Warum auch immer fällt uns an dieser Stelle die beinahe hellseherische Aussage des freistaatlichen Chefepidemiologen Björn Höcke ein, der zudem als parlamentarischer Oppositionsführer wirkt. Er sagte bereits im August dem MDR: „Die Zahlen steigen nicht weiter an. Corona ist vorbei. Und Corona wird auch nicht wiederkommen.“

Das nennt man dann wohl Demokratie, in der jeder seine Meinung äußern darf. Andere nennen es: alternative Fakten.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de