In der Woche nach dem Beben in der Thüringer CDU sind – genau – Herbstferien. Zeit zu verschnaufen. Und alles sacken zu lassen.

Zur Erinnerung: Landtagspräsident Christian Carius hatte am Freitag vergangener Woche für Freund und Feind überraschend seinen Rücktritt angekündigt.

Doch was macht der plötzliche Abgang mit der freistaatlichen Union? Nun gut, CDU-Partei- und Fraktionschef Mike Mohring hat einen Konkurrenten weniger. Er wird aller Voraussicht nach beim Parteitag in diesem Monat zum Spitzenkandidaten ausgerufen. Doch klar ist auch: Durch Carius‘ Ausscheiden verliert die selbst ernannte Thüringenpartei einen klugen Kopf, der mit Anfang 40 schon jede Menge politische Erfahrung gesammelt hat, Bauminister und Parlamentspräsident war, und der nicht so leicht oder gar nicht zu ersetzen ist.

Carius und Mohring können sich nicht leiden, aber sie sind so unterschiedlich, dass sie sich ideal ergänzten. Zumindest theoretisch. Wenn sie an einem Strang in die gleichen Richtung ziehen.

Der eine, Carius, kleidete sich mit Anfang 20 schon wie ein Enddreißiger und benahm sich auch so. Ein altkluger Jungspund, der aber zurückhaltend auftrat und zuhörte. Das führte dazu, dass er nicht nur bei Parteigängern, sondern auch den Menschen im Land gut ankam.

Der andere, Mohring, nur ein paar Jahre älter, auf Bundesebene profiliert, wusste schon immer, wohin er wollte: nach ganz oben. Der Apoldaer machte sich im Landtag als Finanzpolitiker einen Namen, führt die Fraktion so lange wie niemand vor ihm. Auch in Berlin ist man auf ihn aufmerksam geworden und das nicht mehr nur, weil er sich gerne an Kanzlerin Angela Merkel abarbeitet.

Aber dennoch. Wenn Mohring lächelt, sehen die einen in ihm den schelmischen Spitzbuben, andere einen draufgängerischen Spieler. Damit wird es schwer, bei der Landtagswahl 2019 ausreichend viele Wähler zu begeistern. Jemand wie Carius wird fehlen.

Elmar Otto
Elmar Otto © zgt

Am Montag hat Mohring sich Hilfe gesucht, was bei Facebook nachzulesen ist. „Zu seinem Geburtstagsjubiläum habe ich Dieter Althaus einen gemeinsamen Wies‘n-Besuch geschenkt. Jetzt waren wir zusammen in München und über seinen guten Rat unter Freunden bin ich dankbar.“

Wir wissen nicht, was der Ex-MP ihm geraten hat. Vielleicht Christine Lieberknecht als Landtagspräsidentin vorzuschlagen?

Auch wenn beide Herren ein eher, formulieren wir es vorsichtig, angespanntes Verhältnis zur ehemaligen Ministerpräsidentin pflegen. Lieberknecht hat für Mohring gleich mehrere Vorteile: Sie war bereits Landtagspräsidentin, wäre auch bei Linken, SPD und Grünen mehrheitsfähig und würde ihm dennoch nicht mehr gefährlich werden. Bekanntlich tritt auch die 60-Jährige 2019 nicht erneut an.

Übrigens, es gilt als wahrscheinlich, dass Carius nicht bis zum Ende der Legislatur dem Landtag angehören wird, sondern einen lukrativen Job außerhalb der Politik übernimmt. Erste Nachrückerin wäre Birgit Diezel, Carius‘ Vorgängerin als Parlamentspräsidentin.

e.otto@tlz.de