Elmar Otto über Verlust von Immunität.

Was haben Bodo Ramelow und Björn Höcke gemeinsam? Also außer, dass sowohl der linke Ministerpräsident und der AfD-Rechtsaußen im Westen der Republik auf die Welt kamen, aber erst im Osten so richtig von sich reden machten und ihre Vornamen mit dem gleichen Konsonanten beginnen?

Richtig. Beide sollen ihre Immunität verlieren. Aber keine Bange, nicht im medizinischen Sinn. Es geht also ausnahmsweise einmal nicht um Corona. Und wir müssen uns keine Sorgen machen, dass beide nun anfällig für ein bestimmtes Virus wären.

Es geht um die parlamentarische Immunität, die Abgeordnete vor Strafverfolgung schützt. Die Polizei darf nur wegen einer mutmaßlichen Straftat ermitteln und einen Parlamentarier verhaften, wenn der Justizausschuss des Landtags dem zustimmt und die Immunität aufhebt, es sei denn, der Abgeordnete wird unmittelbar nach der Tat festgenommen.

Bei Höcke geht es unter anderem um Volksverhetzung und dabei konkret um einen Post in den sozialen Netzwerken über die Seenotretterin Carola Rackete. Höcke soll, so die Staatsanwaltschaft, ein Bild von Rackete gesendet haben, mit der Zeile: „Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert“.

Aus Sicht der Behörde könnte Höcke damit eine bestimmte Menschengruppe, nämlich Flüchtlinge, pauschal als Kriminelle stigmatisieren. Um das aber überprüfen zu können, mussten die Strafverfolger zunächst beantragen, Höckes Immunität aufzuheben. Im zweiten Fall handelt es sich um den Vorwurf der Verleumdung. Höcke habe eine Frau in einem Facebook-Post als Ex-Terroristin bezeichnet, die Fremden dabei helfe, den Sozialstaat zu plündern. Die betroffene Frau hatte Anzeige erstattet.

Ramelow steht vor dem Verlust der Immunität, weil er dem AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Möller im Sommer den Mittelfinger zeigte und ihn als „widerlichen Drecksack“ bezeichnete.

Um sicher zu gehen, richtig verstanden worden zu sein, erneuerte der Regierungschef seine Aussage im MDR. „Es gehört sich nicht, im Parlament so was zu sagen, was ich gesagt habe, aber ich wiederhole es. Herr Möller ist mit dem, was er gerade im Parlament gemacht hat, aus meiner Sicht ein widerlicher Drecksack“, sprach der Linke und schien mit sich im Reinen.

Möller, selbst Jurist, wollte das aber nicht auf sich sitzen lassen und erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung und „aller in Betracht kommenden Delikte“.

Dass Ramelow als Rechtsanwalt die Partei-Ikone Gregor Gysi engagierte, verleiht dem Ganzen nun zumindest einen gewissen Promi-Glamour-Faktor.

Ansonsten bleibt in puncto Gemeinsamkeiten festzuhalten: Weder der Rechte noch der Linke können sich in bestimmten Situationen benehmen. Ob ihnen der Kampf um die Hoheit verbaler Injurien schadet oder nutzt, wird sich bei der Landtagswahl entscheiden.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de