Elmar Otto über politische Hygiene.

Corona ist überall. Deshalb Sozialkontakte vermeiden, sagt die Kanzlerin. Und natürlich Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen. Und möglichst wenige schütteln.

Innenminister Horst Seehofer hat das parademäßig vorgemacht und seiner Chefin Angela Merkel die zumindest in hiesigen Breiten gängige Begrüßung verweigert.

Fast könnte man meinen, auch Ministerpräsident Bodo Ramelow habe an Covid19 gedacht, als ihm AfD-Chef Björn Höcke die Hand zur Gratulation entgegenstreckte. Der Linke vermied tunlichst jeden Körperkontakt mit dem Rechten. Aber das war wohl eher ein Signal der politischen, weniger der persönlichen Hygiene.

Ansonsten weiß momentan offenbar keiner wirklich, was das Richtige im Kampf gegen die weitere Ausbreitung von Corona ist. Unserer unmaßgeblichen Meinung als medizinischer Laie sollten erst mal alle Kindergärten, Schulen und Hochschulen dichtmachen. Denn dort können täglich Heerscharen von Viren übertragen werden. Nur dass die Infizierten eher nicht zur Risikogruppe gehören, aber dafür möglicherweise Eltern und Großeltern. Und die werden von Kindern und Enkeln in der Regel nicht nur durch kurzes Kopfnicken oder das Aneinanderschlagen der Ellenbogen begrüßt.

Weil Deutschland jedoch so schön föderal regiert wird, kann jedes Bundesland selbst entscheiden. Und die Thüringer Landesregierung zauderte zunächst.

Aber fest steht: „Vorsorge ist oft der beste Schutz vor Infektionserkrankungen.“ So hat es die SPD-Gesundheitsexpertin im Landtag und Ärztin Cornelia Klisch am Freitag formuliert und die Schließung sämtlicher Schulen gefordert. Wenig später hat dann auch Rot-Rot-Grün begriffen, dass es sinnvoll ist, auf die eigenen Fachleute zu hören.

Jetzt, da es endlich wieder eine handlungsfähige Landesregierung gibt, konnte diese also Handlungsfähigkeit beweisen und quasi von Homeoffice zu Homeoffice die Angelegenheit klären.

Das ist gut zu wissen.

Nur manchmal kümmert man sich lieber immer noch um Baustellen, die vernachlässigbar sind.

Da maulen Linke, SPD und Grüne tatsächlich darüber, dass Ramelow für AfD-Landtagsvizepräsident Michael Kaufmann gestimmt hat. Als gäbe es nichts Wichtigeres.

Nun gut, sein öffentliches Bekenntnis nach der immerhin geheimen Wahl war irgendwie ohne Not und brachte ihm vor allem jede Menge Ärger ein. Aber gut begründet war sein Verhalten durchaus.

Den Vogel abgeschossen hat in dieser Woche ohnehin Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt. Die neue Grünen-Chefin fetzte sich via Twitter mit Staatskanzleichef Benjamin Hoff (Linke). Der ist bekanntlich im Zweitjob auch noch Infrastrukturminister. Und der Streit ging, man glaubt es kaum – um Bäume.

Der simple Griff zum Hörer hätte an dieser Stelle den vor Publikum ausgetragenen Koalitionskrach erspart. Kleiner Tipp nicht nur für Krisenzeiten: Handschlag-Diplomatie per Telefon.

Ob Rot-Rot-Grün das Jahr mit Unterstützung der CDU und trotz Corona durchhält? Wir schätzen schon.

Aber der Unterhaltungswert dürfte beachtlich sein.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de