Elmar Otto über politische Ausrutscher.

Lassen Sie uns einfach mal mit einer positiven Grundeinstellung an alles herangehen. Am Wochenende dürfte es zwar bitter kalt werden, aber die Sonne soll scheinen. Vielleicht tröstet das auch Susanne Hennig-Wellsow.

Die neue Linke-Bundesvorsitzende hat im Interview mit dem Journalisten Tilo Jung zu erkennen gegeben, dass sie keinen oder nur einen kleinen Schimmer von den Kampfeinsätzen der Bundeswehr hat. Das hat sie wahrscheinlich mit mehr als 90 Prozent der Deutschen gemeinsam. Aber die sind zum einen keine Parteichefs, und zum anderen ist ihr Kernthema in der Regel nicht das Verbot eben jener Kriegsmissionen.

Hennig-Wellsow (43) weiß jetzt zumindest, warum das Format, in dem sie ihre Ahnungslosigkeit zur Schau stellte, „jung und naiv“ heißt (Bericht dazu auf Seite 2).

Aber wir wollten doch positiv denken. Und deshalb gehört zur Wahrheit dazu, dass sich die vorherigen Thüringer Landespolitikerin immerhin innerhalb kürzester Zeit bundesweit noch bekannter gemacht hat. Bislang haben viele ihren Namen ja eher mit einer Floristin in Verbindung gebracht, die mit Blumen nicht pfleglich umzugehen weiß.

Sie erinnern sich?

Nein?

Dann noch schnell ein Satz dazu: Die Linke warf dem seinerzeit mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählten Thomas Kemmerich bei der Gratulation ihren Strauß kurzerhand vor seine frisch gewienerten Cowboystiefel. Auch der Liberalen-Boss wurde durch diesen Ausrutscher auf der deutschalternativen Bananenschale mit einem Schlag vom Prinz in der Provinz zum Politpromi. Und selbst wenn seine Minimalzeitregentschaft längst beendet ist, zehrt er noch heute davon. So bekannt wie Kemmerich wäre Thüringens Innenminister sicher auch gerne. Und Georg Maier ist immerhin SPD-Vorsteher und will als Spitzenkandidat ins Rennen gehen.

Die neue Linken-Spitze, bekanntlich ein weibliches Ost-West-Tandem, versteht sich indes nicht nur in der Kunst der Fettnäpfchen. Sie kann ebenso effektiv für ein zumindest kleines Beben in konservativen Kreisen sorgen. Und das kam so: Neben anderen Parteien hatte auch die hessische CDU der neuen linken Co-Vorsitzenden, Janine Wissler, gratuliert -- und sogar richtig geschmeichelt: „Mit ihr hat die Partei eine geschliffene Rednerin und charismatische Persönlichkeit an die Doppelspitze gewählt. Sie hat sich als engagierte Oppositionspolitikerin im hessischen Landtag einen beachtlichen Ruf erarbeitet, der sie nun auf die Bundesebene führt“, zitierte eine Pressemitteilung den Generalsekretär der hessischen CDU, Manfred Pentz.

Für diese ungewöhnliche Lobeshymne erntete Pentz – na was wohl? - Rücktrittsforderungen der Parteifreunde natürlich. Und was passierte kurze Zeit später? Logisch. Die Eloge war auf der Internetseite der Hessen-CDU nicht mehr auffindbar. Das passiert eben, wenn sich ein Unionschrist aus Versehen im Stehsatz vergreift.

Aber vielleicht war Pentz auch nur ein bisschen naiv und wollte ehrlich sein.

Aber sei’s drum: Einfach positiv denken.

Öffentlicher Lapsus bei Interview: Das blaue Auge der Linke-Vorsitzenden Hennig-Wellsow