Elmar Otto über eine Corona-Karriere.

In dieser Woche haben wir ausnahmsweise gedacht: Corona hat etwas Gutes. Und zwar als wir die Meldung über die erneut abgeblasene umstrittene Stierhatz im spanischen Pamplona lasen.

Davon abgesehen hat das Virus zudem unter Beweis gestellt, dass unsere Demokratie funktioniert. Beispielsweise in Bezug auf die Meinungsfreiheit. Allerdings bedeutet das auch, viele Wortmeldungen aushalten zu müssen.

Den Stier so richtig bei den Hörnern gepackt hat zuletzt Jan Josef Liefers. Für viele ist der vor allem ein narzisstischer Gerichtsmediziner aus Münster, der seine Assistentin hänselt und mit einem grummeligen Kriminalhauptkommissar Mordfälle aufklärt.

Wir wünschten uns so sehr, er wäre dieser Rolle treu geblieben. Dann hätte er sich einigen Ärger und uns ein paar Zornesfalten erspart. Aber er musste sich ja unbedingt als Schauspieler zu erkennen geben. Und in dieser Funktion hat Liefers bekanntlich mit gut 50 Kollegen versucht, ironische Videos über den Umgang mit der Covid-19-Krise zu drehen.

Der Versuch ist grandios gescheitert. Und wir sind am Ende nur froh, dass Liefers nie in Erwägung gezogen hat, im richtigen Leben Medizin zu studieren.

Was ein wahrer Lebensretter vom Auftritt des Möchtegernmedikus hält, hat Dominik Scharpf sehr gut zusammengefasst. Der twitterte nämlich: „Als Oberarzt einer Covid-Intensivstation kann ich Ihnen sagen, welche Reaktion Ihre ‚Aktion‘ in uns ausgelöst hat: Fassungslosigkeit, Wut, Unverständnis. Wir fühlen uns in vielen Videos ins Lächerliche gezogen. Es nimmt uns Energie, es demotiviert uns. Das nur als Rückmeldung.“ Einsicht ist aber manchmal der erste Weg zur Besserung. Deshalb steht dem Pseudopathologen nun eine Karriere als Praktikant bevor: Liefers folgt der Aufforderung der Notfallmedizinerin Carola Holzner, probeweise auf einer Intensivstation mitzuarbeiten. „Doc Caro“ gibt als Bloggerin regelmäßig bemerkenswerte Einblicke in ihren beruflichen Alltag und weiß – anders als Liefers –, wovon sie spricht.

Gleichwohl sollte man den Tat-ort-Troublemaker jetzt nicht allgemein für den Vertrauensverlust in das staatliche Pandemiemanagement verantwortlich machen. Dafür sorgen – zumindest in Thüringen – die Betreffenden schon selbst. Leider ist das dann nicht gespielt, sondern real.

Jüngst gab Steffen Dittes einen kleinen Einblick in den Zustand von R2G in Krisenzeiten. „Wie soll Vertrauen zurückgewonnen werden, wenn ein Minister jeweils aus Gründen der Opportunität heute das Gegenteil von dem fordert, für das er gestern noch eingetreten ist und außerdem Sachinformationen aus der gestrigen Kabinettssitzung negiert“, zwitscherte der Linke-Landtagsfraktionschef hörbar genervt. Allerdings ohne einen Namen zu nennen.

Das besorgte „Der schnelle Balduin“ für ihn. Wer auch immer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, er assistierte mit: „Ich wage mal einen Schuss ins Blaue, der besagte Minister ist von der S*D beginnt mit einem M und endet mit aier? Also so vom Gefühl her … Das duftet nach CDU Light.“

Vielleicht tut man dem sozialdemokratischen Innenminister Georg Maier damit aber Unrecht.

Oder riechen Sie es etwa auch?