Elmar Otto über die freistaatliche CDU.

Wenn an diesem Samstag nicht wider Erwarten etwas Unvorhersehbares geschieht, wird Christian Hirte beim Parteitag in Erfurt zum Vorsitzenden der Thüringer CDU gewählt. Der Bundestagsabgeordnete soll den Landesverband nach dem Landtagswahldebakel und dem Ministerpräsidentendesaster zu neuer Stärke führen. Diesen Kraftakt trauen Parteifreunde „dem Christian“ mit seinem konzilianten Auftreten durchaus zu. Das schwankt zwischen personifiziertem Traum aller Schwiegermütter und jemandem, dem man ohne Bedenken sein Erspartes anvertraut.

Ob das jedoch genug ist, um 2021 einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen?

Denn smart allein reicht nicht, um Menschen für sich und christdemokratische Inhalte zu begeistern. Ein Siegertyp muss den Erfolg auch wollen. Und hier hat man bei dem 44-Jährigen das Gefühl, seine Entschlossenheit, die Partei aus der Krise zu führen, ist in etwa so groß wie der Ehrgeiz einer Schnecke, den 100-Meter-Weltrekord zu knacken.

Die Frage ist: Steckt Kalkül dahinter, oder erlebt die ehemalige Thüringenpartei gerade eine Aufführung von „Planlos in Erfurt“? Eine Strategie ist zumindest nicht erkennbar. Sollte das Absicht sein, um Verwirrung zu stiften, ist das nicht nur bei der politischen Konkurrenz geglückt.

Der Eindruck verfestigt sich, Hirte habe keine Lust, von der Spree an die Gera zu wechseln, um der heimischen CDU als Spitzenkandidat zu dienen. Das mag an den Umfragen liegen, die zwar durchaus hoffen lassen, dass es weiter aufwärts geht. Aber selbst wenn es gelingen sollte, den positiven Trend zu konservieren und sich vor die AfD zu schieben, bleibt die Linke wohl auch im nächsten Jahr noch unerreichbar.

Dass sich Hirte selbst keine Illusionen macht, in der Kürze der Zeit zu Höhenflügen anzusetzen, kann man auf seiner Parteitagseinladung lesen. „Unser langfristiger Anspruch muss es sein, wieder stärkste Kraft im Freistaat zu werden“, heißt es dort.

Kurz- und mittelfristig hofft die CDU also gezwungenermaßen günstigenfalls auf dem Vizeposten.

Das ist eine ehrliche Einschätzung. Aber dadurch wird der Ansporn kaum größer, sich mit dem beliebten linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und dem polarisierenden AfD-Vordenker Björn Höcke zu messen.

Weil das geeignete Spitzenpersonal überschaubar ist, bleibt als Alternative zu Hirte eigentlich nur Mario Voigt. Der hat sich vom pausbäckigen Jungunionisten zum promovierten Politikwissenschaftler mit Professorentitel gemausert.

Voigt weiß, worauf es beim Wahlkämpfen ankommt. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung hat er einst die Präsidentschaftswahl in den USA beobachtet und als Berater an der Bundestagswahlkampagne von Angela Merkel mitgewirkt. Allerdings konnte Voigt als Generalsekretär von Partei- und Regierungschefin Christine Lieberknecht den Machtverlust in Thüringen auch nicht verhindern.

Seine Motivation, (wahrscheinlich im Frühjahr kommenden Jahres) einen Wahlkampf zu führen, bei dem als Belohnung doch nur wieder die Oppositionsrolle winkt, dürfte überschaubar sein.

Landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter e.otto@tlz.de